Als ProjektleiterProduktverantwortlicher oder Auftraggeber bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Womit lässt sich der Aufwand für eine Menge von anstehenden Aufgaben pragmatisch abschätzen?
  • Wie erreichen wir Einigkeit über den zeitlichen Aufwand von umzusetzenden ToDos?
  • Auf welche Weise gestalten wir einen Schätzprozess strukturiert und unterhaltsam?

Unterstützung findest Du im Planning Poker und dem Verfahren der releativen und kollektiven Schätzung.


Ergebnis: zeitliche Umsetzungsaufwände für eine Menge von Aufgaben geschätzt

Teilnehmer: mind. 5 Personen (1x Auftraggeber, 3x Auftragnehmer, 1x Moderator)

Dauer: 45-90 Minuten (je Anzahl Teilnehmer u. Aufgaben)

Utensilien: Planning Poker Karten mit Punktewerten je Teilnehmer, Timer

Zweck

Mit einem Planning Poker bewerten Dein Team und Du die Umsetzungsaufwände für eine Menge an anstehenden Aufgaben, Anforderungen, Arbeitspaketen oder Ergebnissen. Grundlage ist ein gemeinsamer Workshop in welchem Ihr die ToDos besprecht und anschließend die erforderliche Realisierungszeit vorschlagt, diskutiert und beschließt. Aufgaben, für die Ihr keine Einigkeit erzielen konntet, überführt ihr in eine Liste, um die verbundenen Tätigkeiten und Ergebnisse später zu präzisieren.

Anders als absolute Schätzmethoden beurteilt ein Planning Poker die Aufwände von ToDos relativ. Das Verfahren eignet sich besonders bei Aufgabenstellungen, die viele unbekannte Variable beinhalten und bei denen Fachwissen aus mehreren Bereichen aufeinandertrifft. In den Schätzprozess werden zudem sowohl Auftraggeber als auch -nehmer einbezogen. Das Ergebnis des Workshops erlaubt Dir eine Projektplanung.

Planning Poker kommt heute oft im agile Prozessrahmenwerk Scrum zum Einsatz. Der Product Owner beurteilt gemeinsam mit dem Entwicklungsteam die Aufwände der einzelnen Anforderungen des Product Backlogs. Geschätzte Anforderungen können später in einem Sprint umgesetzt werden. Planning Poker ist jedoch nicht ausschließlich auf agile Rahmenwerke wie Scrum beschränkt. Immer wenn um das kollektive Schätzen auf Basis von Expertenmeinungen, Zerlegungen und Analogien geht, kannst Du das Verfahren anwenden.

Synonyme für das Planning Poker sind Scrum Poker, Estimation Poker oder das deutsche Planungspoker(n) bzw. Schätzpoker(n).


Aufbau

Analog einem Brettspiel besitzt auch ein Planning Poker klare (Spiel-)Regeln. Nachfolgend die Details mit wiederkehrenden Bezug auf das agile Vorgehensmodell Scrum.


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Rollen – „Wer übernimmt in einem Planning Poker welche Funktion?“

An einem Planning Poker nehmen Vertreter aus drei Lagern teil:

  • Moderator – leitet die Sitzung, erklärt und überwacht das Vorgehen und sichert die Ergebnisse ab. In Scrum kann dies der Scrum Master sein.
  • Auftraggeber – kennt Ergebnisse und die Qualitätseigenschaften. In Scrum vertreten durch den Product Owner.
  • Auftragnehmer – setzt Aufgaben um und weiß um die zeitlichen Aufwände. In Scrum durch Vertreter des Entwicklungsteams repräsentiert.

Für eine realistische Schätzung sollten seitens des Auftragnehmers mindestens drei Personen und maximal 7 Personen anwesenden sein. Der Auftraggeber kann die Moderation übernehmen.

Schätzgegenstand – „Was schätzen wir im Planning Poker?“

Die Aufgaben sind in einheitlich und schätzbarer Form definiert. Verwende Methoden wie die 6-W Fragetechnik, um zu einer vollständigen und konsistenten Beschreibung zu gelangen. Bei Scrum bilden die User Stories (dt. Nutzergeschichten) den Schätzgegenstand.

Planning Poker
Zentrales Element beim Planning Poker: die Schätzkarten – als Methodenvorlage zum ausdrucken und ausschneiden

Hilfsmittel – „Was hilft uns bei der Schätzung?“

Jeder Vertreter der Auftragnehmerseite erhält einen Satz an Schätzkarten mit Aufwandswerten (auch Schätzwerte), in Scrum die sogenannten Story Points (auch Geschichtspunkte bzw. Story-Punkte).

Üblicherweise werden die Aufwandswerte gemäß der Fibonacci-Folge beziffert: 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21 etc. Der jeweils nächst höhere Schätzwert ergibt sich aus der Summe der beiden niedrigeren Aufwandswerte vor ihm. Durch die stark ansteigende Folge soll die zunehmende Unsicherheit der Schätzgenauigkeit bei aufwendigeren Aufgaben verdeutlicht werden.

Die Aufwandswerte entsprechen keiner absoluten Messgröße, sondern bewerten den relativen Umsetzungsaufwand einer offenen Aufgaben mit Blick auf Umfang, Komplexitätsgrad und Unsicherheit. Nach der Schätzung rechnet Dein Team und Du die Aufwandswerte in Zeitwerte (z.B. Arbeitsstunden, Arbeitstage) um. Basis dieser Umrechnung ist Eure Erfahrung aus vergangener Zusammenarbeit.


Anwendung

Ein Planning Poker führt ihr im Rahmen eines Workshops durch. Aufgabe für Aufgabe führt ihr nachfolgende drei Schritte durch:

1. Vorstellen

Der Auftraggeber stellt den Auftragnehmer eine Aufgabe vor. Die verantwortlichen Umsetzer dürfen Rückfragen zum Verständnis stellen und miteinander die Realisierung diskutieren. Achte darauf, dass die Diskussionen sich im inhaltlichen und zeitlichen Rahmen halten.

2. Schätzen

Jeder Auftragnehmervertreter schätzt die zeitlichen Aufwände der Aufgabe ab. Dazu legt jeder die entsprechende Schätzkarte verdeckt vor sich hin und dreht gemeinsam mit allen die Karte um. Drei Ausgänge sind möglich:

  • Alle Schätzwerte sind gleich. Damit besteht Konsens und die Aufgabe erhält den Aufwandswert.
  • Die Schätzwerte liegen eng beieinander. Die Aufgabe erhält den höchsten Aufwandswert
  • Die Schätzwerte divergieren stark. Die Personen mit dem kleinsten und größten Schätzwert begründen ihre Auswahl und die Schätzung wird wiederholt.

Falls Ihr nach drei Schätzrunden keine Einigkeit zum Aufwandswert einer Aufgabe ermitteln könnt, wird die Bewertung auf einen zukünftigen Planning Poker vertagt.

3. Dokumentieren

Das Auftragnehmerteam übersetzt den Aufwandswert einer Aufgabe auf einen Zeitwert und hält diesen schriftlich direkt an der Aufgabe fest. Konnte das ToDo nicht abgeschätzt werden, muss der Auftraggeber dieses im Nachgang entweder zerlegen, fehlende Informationen recherchieren oder notwendige Entscheidungen treffen.


Beispiele

Planning Poker in der Softwareentwicklung

In der agilen Entwicklung von Softwareprodukten hat sich das Planning Poker als Aufwandsschätzmethode etabliert. Nachfolgender englischsprachiger Clip zeigt wie eine Schätzrunde ablaufen kann.

Philip: How to Estimate User Stories with Planning Poker! (4 min) – Beispiel für eine Planning Poker Schätzrunde für 5 Teilnehmer


Vor- & Nachteile

Pro

  • Planning Poker bindet Vertreter der Anforderer- und Umsetzerseite in den Schätzprozess ein. Aufwände werden von verschiedenen Perspektiven beleuchtet, das gemeinsame Verständnis wächst und die Qualität des Schätzergebnisses steigt.
  • Das verdeckte Schätzen der Aufgabenaufwände wirkt negativen Effekten der Gruppendynamik entgegen. Ganz gleich ob dominant oder introvertiert – jeder Schätzteilnehmer trägt mit seinem Wissen zum Aufwandswert bei.
  • Das Workshop-Format eines Planning Pokers fördert den Austausch über die bevorstehenden Aufgaben und somit ein einheitliches Verständnis der Teilnehmer.
  • Die Verbindlichkeit gegenüber einem Aufwandswert steigt, da dieser ein gemeinsames Resultat ist, statt von Außen vorgegeben worden zu sein.
  • Die Schätzmethode unterbindet die Ankerheuristik, also das Phänomen bei dem sich Teilnehmer (unbewusst) von zuvor genannten Aufwandsschätzungen beeinflussen lassen.
  • Die Kombination aus einfachen Spielregeln und gezielter Moderation legt sorgt für einen strukturierten Ablauf. Aufwandsdiskussionen finden geregelt statt. Das spart Zeit und Nerven.

Contra

  • Für die Übertragung von Aufwandswerten auf Zeitwerte sind Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit des Umsetzerteams erforderlich. Diese liegen bei Neugründung eines Teams meist nicht vor.
  • Auch wenn die Popularität von Planning Poker in den letzten Jahren wuchs, so ist das (teilweise etwas zu zeremoniell durchgeführte) Verfahren für viele Software-fernen Bereiche heute immer noch unbekannt. Anlern- und Einführungsarbeit sind damit erforderlich.
  • Das Schätzen mit Planning Poker in (speziell diskussionsfreudigen) Teams benötigt deutlich mehr Zeit, als die Aufwandsbewertung durch Einzelexperten wie beispielsweise bei der Drei-Punkt-Schätzung. Die Gefahr besteht den Fokus auf den Ablauf und nicht das Schätzergebnis zu legen.
  • Trotz verdeckten Schätzens kann das Team in der Begründungsphase dem Konformitätszwang erliegen. Die Verhaltensweisen und damit die Schätzwerte nähern sich an. Auch kann eine Einzelperson in Führung gehen und die Gruppe dem Vorschlag (schätzmüde) zustimmen.
  • Generell benötigen Schätzungen Zeit und bereiten Aufwand, ohne damit einen inhaltlichen Mehrwert zu stiften. Als Vertreter der Schätzmethoden trifft dies auch auf das Planning Poker zu.

Praxistipps

Tipp 1 – Diskussionen mit Timer zeitlich begrenzen

Limitiere die zur Verfügung stehende Zeit für die…

  • initiale Diskussion einer Aufgabe im Rahmen der Vorstellung sowie
  • die Begründung der beiden Personen mit dem jeweils höchsten und niedrigsten Aufwandswert.

Jeweils 3 bis 5 Minuten Zeitbegrenzung sorgt für einen straffen Planning Poker in dem alle Aufgaben bedacht werden. Bei Bedarf nutzt Du einen Timer der ausschweifende Ausführungen unterbindet.

Tipp 2 – Geschätzte Referenzaufgabe heranziehen

Verweise als Moderator auf bereits geschätzte Aufgaben und rege damit einen impliziten Paarweisen Vergleich und die Analogietechnik an. Einhellig bewertete ToDos bieten Orientierung und beschleunigen den Schätzprozess.

Tipp 3 – Aufwandswerte mit Semantik versehen

Kopple die Aufwandswerten mit konkreten Zeitwerten und kommuniziere diese zu Beginn des Planning Pokers. Ein Beispiel für eine mögliche Zuordnung:

  • 0 – Aufgabe bereits erledigt
  • 1 – 30 Minuten
  • 2 – 60 Minuten
  • 3 – 90 Minuten
  • 5 – halber Arbeitstag (inklusive Pausen und Rüstzeiten)
  • 8 – ganzer Arbeitstag (inklusive Pausen und Rüstzeiten)
  • 13 – zwei Arbeitstage (inklusive Pausen, Rüstzeiten und unvorhergesehene Zusatzaufgaben)
  • 21 – drei Arbeitstage (inklusive Pausen, Rüstzeiten und unvorhergesehene Zusatzaufgaben)

Aufgaben mit einem Aufwandswert > 21 sind zu umfangreich und müssen verfeinert oder aufgespalten werden.

Tipp 4 – Mit Sonderkarten für Unterhaltung sorgen

Steigere die spielerische Facette eines Planning Pokers, indem Du den Kartensatz eines jeden Teilnehmers um zwei Zusatzkarten ergänzt.

  • Kaffeetasse – Teilnehmer wünscht eine Pause
  • Fragezeichen – Teilnehmer möchte keine Schätzung abgeben
  • Joker – Teilnehmer ist der Meinung, dass die Aufgabe gar nicht beendet werden kann

Denke Dir weitere sinnvolle Sonderkarten mit humorvollen Symbolen aus und belebe damit die Schätzarbeit.

Tipp 5 – Alternative Aufwandswerteskala nutzen

Nutze alternativ T-Shirt-Größen wie XS, S, M, L, XL und XXL für die Aufwandswerte. Zwar verdeutlichen diese nicht, dass mit höheren Schätzwerten auch die Genauigkeit der Schätzung nachlässt, dafür sind diese einfacher verständlich als die Fibonacci-Folge. Ebenfalls gebräuchlich ist die Cohn-Skala mit den elf Aufwandswerten 0, 0.5, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 20, 40 und 100.

Tipp 6 – Abweichungen der Schätzwerte hinterfragen

Nimm Differenzen der Schätzwerte ernst. Sie deuten auf Unwägbarkeiten und damit Ungenauigkeiten hin. Hinterfrage die Abweichungen, beispielsweise mit der 6-W Fragetechnik oder der Five-Why Fragetechnik. Gib erst Ruhe, wenn Du den genauen Grund herausgefunden hast.


Ursprung

Planning Poker entspringt der agilen Softwareentwicklung. Der US-Amerikaner James Grenning beschrieb 2002 das Konzept in seinem Artikel Planning Poker or How to avoid analysis paralysis while release planning.

Mountain Goat Software LLC von Mike Cohn registrierte den Begriff PLANNING POKER® als eingetragene Marke und stellt ein Freemium Online-Tool zur Verfügung.


Bonusmaterial

Mike Clayton / Online PM Courses: What is Planning Poker? (7 min) – englischsprachige Einführung in die Aufwandsschätzmethode

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