Als Analyst, Produktverantwortlicher oder Systementwickler bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Wie können wir ab Projektbeginn ein einheitliches Begriffsverständnis schaffen?
  • Was hilft uns bei der multi-perspektivischen Betrachtung eines neuen oder bestehenden Produktes?
  • Wie legen wir die verschiedenen Bedarfe und Befürchtungen von Stakeholdern bzgl. eines Systems offen?

Unterstützung findest Du im VPEC-T Framework und dem Verfahren der VPEC-T Analyse.


Ergebnis: gemeinsames Verständnis von Stakeholdern bzgl. eines Systems geschaffen

Teilnehmer: mind. 2

Dauer: mind. 30 min (je Anzahl Stakeholder und Größe des Systems)

Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Meta-Planwand & Stifte oder Notebook & Office Software

Zweck

Das VPEC-T Framework hilft Dir die Ansichten, Bedarfe und Befürchtungen von Stakeholdern bzgl. eines neuen oder bestehenden Systems offenzulegen und ein einheitliches Verständnis herauszubilden. Die Buchstabenfolge VPEC-T ist ein englischsprachiges Akronym und steht für die fünf Systemfilter des Rahmenwerks: Values (Werte), Policies (Regeln), Events (Ereignisse), Content (Inhalte) und Trust (Vertrauen).

Das zu untersuchende System kann technisch, fachlich oder organisatorisch sein, real oder nur virtuell existieren, ein kleines Schreibtisch-Tool oder eine gesamte Organisation ausmachen.

Nutze den Analyse-, Denk- und Vereinbarungsrahmen VPEC-T sobald…

  • unterschiedliche Begriffe in Diskussionen und Beschreibung des Systems kursieren und für Verwirrung, Kommunikationsbarrieren und Missverständnisse sorgen,
  • sich Ziele, Verantwortung, Erwartungen und Prioritäten der Stakeholder bzgl. des Systems unterscheiden oder
  • es an wechselseitigen Vertrauen der am System beteiligten Akteure fehlt.

Gerade in der Startphase eines Projektes, beispielsweise unmittelbar nach dem Kick-off oder im ersten Analyse-Meeting, leistet das Framework wertvolle Abstimmungsarbeit.

Synonyme für VPEC-T Framework sind VPEC-T Methode, VPEC-T Analyse, VPEC-T Technik oder einfach nur VPEC-T. Spreche VPEC-T wie „vee-pec-tee“ mit englischem Zungenschlag aus.


Aufbau

Kernbestandteile von VPEC-T sind die fünf Filter auf ein System, manchmal auch Linsen, Elemente, Sichten oder Perspektiven genannt.

VPEC-T Frameworrk
Struktur und Elemente des VPEC-T Frameworks

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Values (Werte) – das System definieren

Werte sind der fassbare und immaterielle Nutzenelemente eines Systems für die Stakeholder, das Projekt sowie die Organisation. Sie begründen den Zweck der Sache, die Bedeutung, das Warum.

  • Worin bestehen die Kostenersparnisse bzw. die Umsatzsteigerung des Systems?
  • Welchen ökologischen, ethischen und sozialen Mehrwert bietet das System?
  • Was für positive Effekte hat das System auf Mitarbeiter, Partner und Kunden?

Policies (Regeln) – das System leiten

Regeln umfassen alle internen und externen, impliziten und expliziten Anforderungen an das System und setzen damit den Rahmen und die Prinzipien in bzw. mit denen Inhalte verarbeitet werden.

  • Worin bestehen die gesetzlichen Auflagen bei Betrieb und Nutzung des Systems?
  • Mit welchen Geschäftspartnern stehen wir bzgl. des Systems vertraglich in Beziehung?
  • Welchen organisationsinternen Regeln und Vorgaben muss das System erfüllen?

Events (Ereignisse) – das System beeinflussen

Externe Ereignisse führen zu Aktivitäten innerhalb des Systems.

  • Welche Aktionen führen zu Zustandsänderungen des Systems?
  • Was stimuliert Veränderungen und Prozessausführungen im System?
  • Nach bzw. in welcher Zeit wandelt sich das System?

Content (Inhalte) – das System informieren

Inhalte betreffen alle Inputs, Outputs und Zwischenergebnisse des Systems.

  • Welche Informationen benötigt bzw. erzeugt das System?
  • Auf Basis welcher Daten wird ein Ereignis ausgelöst oder beendet?
  • Worin bestehen die Kommunikationsflüsse innerhalb des Systems?

Trust (Vertrauen) – das System dominieren

Vertrauen bezieht sich auf die Beziehung der Stakeholder zum System bzw. der Stakeholder untereinander.

  • Wer darf welche Inhalte im System sehen, ändern, einfügen oder löschen?
  • Nach welchen Aufbau- und Ablaufregeln nutzen wir das System?
  • Wie verhindern wir die Falschanwendung oder gar den Missbrauch des Systems?

Der Bindestrich zwischen ‚VPEC‘ und ‚T‘ signalisiert den hohen Stellenwert von Vertrauen für alle Filter auf ein System.


Anwendung

Das VPEC-T Framework kannst Du allein nutzen, empfehlenswert ist jedoch der Einsatz im Team. Im Rahmen eines VPEC-T Analyse-Workshops arbeitet ihr die fünf Filter für das System heraus.

1. System definieren

Präzisiert zunächst das System als den Betrachtungsgegenstand zu den Ihr ein gemeinsames Verständnis ausprägen wollt. Notiert den Systemnamen in die Mitte der Arbeitsfläche.

2. Filter anwenden

Wendet nun die fünf Filter nacheinander an und untersucht das System. Mit welchem Filter ihr startet spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, dass ihr ausreichend Zeit je Perspektive einplant.

Notiert die Aspekte auf Karten und heftet diese an den jeweiligen Filter. Karten zwingen zur Kürze. Außerdem können sie verschoben, gestapelt und auch wieder entfernt werden.

3. Verständnis schaffen

Bei Anwendung von VPEC-T werdet ihr auf offene Fragen, Doppeldeutigkeiten oder gar Konflikte stoßen. Keine Angst. Das Ziel des Frameworks besteht darin diese Abweichungen offenzulegen und anschließend auszuräumen.

Wiederholt Schritt 2 bis 3 wiederkehrend und verfeinert damit das Verständnis und den Konsens zum System.


Beispiele

VPEC-T Framework in der Praxis

Bei der Recherche zur Technik bin ich auf folgende Anwendungsfälle gestoßen:

  • Konzeption des Informationssystems der britischen Strafjustiz
  • Vorbereitung von Mitarbeitergesprächen
  • Herausarbeitung der Fachanforderungen an ein Affiliate Verkaufssystem mit verschiedenen Interessengruppen
  • Auflösung von strukturellen Problemen in einem Unternehmen in denen verschiedene Abteilungen die gleiche Funktion unter verschiedenen Regeln und Werten umsetzen
  • Bewertung eines Beratungsprojektes und Planung der Folgeschritte

Vor- & Nachteile

Pro

  • Das VPEC-T Framework macht eine implizite Wahrnehmung und Auffassung zu einem Systems explizit. Werte, Regeln, Ereignisse, Inhalte und Vertrauen werden auf den Tisch gebracht und aktiv abgestimmt.
  • Ob Softwaretool oder Unternehmensbereich – das Rahmenwerk ist für unterschiedliche Typen von Systemen flexible nutzbar.
  • Auf Basis der VPEC-T Analyse entwickeln die Stakeholder und Du ein 360-Grad-Gesamtbild auf das System. Die Vielzahl der Facetten wurden aus allen relevanten Perspektiven beleuchtet.

Contra

  • Der Ansatz ist in den meisten Unternehmen unbekannt. Vor Anwendung musst Du die Stakeholder zunächst mit der VPEC-T vertrauen machen und Vorbehalte entkräften.
  • Bei großen Systemen mit zahlreichen heterogenen Stakeholdergruppen erfordert VPEC-T Zeit und zwischenmenschliches Fingerspitzengefühl.
  • Schnittstellen, Randbedingungen, Komponenten, Nutzer und Funktionen – all diese wichtigen Systembestandteile blendet das VPEC-T Framework vollständig aus.

Praxistipps

Tipp 1 – Merkbare Akronym VIPER nutzen

Gerade für Nicht-Ingenieure kommt der Name VPEC-T etwas sperrig und technisch daher. Aus diesem Grund führten Matt Pearce and Nigel Green im Jahr 2019 die Alternativbezeichnung VIPER ein.

  • Values (Werte)
  • Information (statt Content)
  • Policies (Regeln)
  • Events (Ereignisse)
  • Reliance (statt Trust)

Mit dem neuen eingängigen Akronym lässt sich das Framework besser merken. Zudem vereinfacht VIPER die Kommunikation im Team. Inhaltlich und methodisch bleibt der Rahmen unverändert.

Tipp 2 – VPEC-T bedarfsorientiert anpassen

Absolut gar nichts hindert Dich das Framework für Dein Projekt und die Bedarfe der Stakeholder zu optimieren.

  • Ergänze Schnittstellen (engl. Interfaces) zu anderen Systemen oder Stakeholdern
  • Beziehe organisatorische und technische Randbedingungen (engl. Constraints) ein
  • Betrachte Komponenten (engl. Components) und Funktionen (engl. Functions) des Systems

Aus mehr als sieben Buchstaben sollte Deine modifizierte Abkürzung nicht bestehen, damit sie merkbar und die zu Grunde liegende Technik in der Praxis auch handhabbar bleibt.

Tipp 3 – Mit weiteren Systemtechniken kombinieren

Ermittle vor dem Einsatz des Frameworks die Stakeholder des Systems. Hilfreich dafür sind Techniken wie die Stakeholderanalyse, die Stakeholder Map, das Soziogramm oder das Onion Model.

VPEC-T selbst ebnet den Weg für weiterführende Methoden der Systembeschreibung und -bewertung. Erzeuge eine gleiche Sicht auf ein System, bevor Du dieses mit dem System Footprint oder der CATWOE Technik definierst bzw. das Umfeld durch Kontextdiagramm beschreibst.

Tipp 4 – VPEC-T Visualisierung aufwerten

Erweitere die Ausdrucksmächtigkeit der VPEC-T Visualisierung. Dazu ein paar Anregungen:

  • Verwende für jede Stakeholdergruppe eine andere Kartenfarbe. Somit ist sofort ersichtlich, welche Fraktion für welche Werte, Regeln, Ereignisse und Inhalte eintritt.
  • Zeichne Pfeile zwischen den Karten, um Unterstützungs- und Widerspruchsbeziehungen aufzuzeigen.
  • Versehe die Karten mit Klebepunkten, die die Relevanz eines Wertes, Regel etc. für die Stakeholder hervorheben.

Wichtig ist, dass alle Beteiligte das gleiche Verständnis zu den eingesetzten Stilmitteln haben.

Lesetipp

Alle Einzelheiten zum VPEC-T Framework findest Du in von den Erfindern Nigel Green und Carl Bate 2007 veröffentlichten Buch Lost In Translation: A handbook for information systems in the 21st century*.


Ursprung

Laut Wikipedia und weiteren Internetquellen entwickelten die beiden US-Amerikaner Nigel Green und Carl Bate das VPEC-T Framework während ihrer Beratungstätigkeit bei Capgemini. Zunächst auf die Analyse und das Design von IT-Systemen fokussiert, dehnte sich das Nutzungsspektrum des Rahmenwerks über die Jahre auch auf nicht-technische Bereiche aus.


Bonusmaterial

Tetradian: Using VPEC-T in enterprise-architecture –  4.5-minütiger Clip zur Nutzung des Frameworks bei der Gestaltung des Systems ‚Unternehmen‘

Letzte Aktualisierung am 28.03.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API


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