16 Jahre Consulting…und dann? – Torsten Alberti im Interview
Seit dem Jahr 2000 berät Torsten Alberti öffentliche und private Unternehmen bei der Durchführung großer und komplexer Projekte. Der Partner und Gesellschafter des Hamburger Beratungshauses NOVEDAS Consulting verrät Consulting-Life.de, weshalb ihm auch nach über 16 Jahren sein Beruf noch Spaß macht und was ein guter Consultant unbedingt erbringen muss.
Dr. Christopher Schulz (Consulting LIFE): Bei wem und wo hattest Du Deinen letzen Consulting-Einsatz?
Torsten Alberti: Ich war in einem Programm bei einem großen internationalen Automobilhersteller. Das primäre Ziel war die Konsolidierung der Mainframe-Landschaft der verschiedenen weltweit operierenden Tochterunternehmen. Mainframes, das sind Großrechner die wegen ihrem hohen Maß an Verlässlich- und Verfügbarkeit auch noch heute vor allem in Banken, der Automobilindustrie und dem Handel eingesetzt werden.
Um was drehte sich es bei dem Projekt genau?
Das mehrjährige Konsolidierungsprogramm umfasste u.a. die Standortstrategie der Großrechner, die interne Organisation, die externe Dienstleistersteuerung, die Softwarestandardisierung sowie die Softwarelizenzen. Speziell bei der Mainframe Hard- und Software bestehen bei Organisationen signifikante Synergiepotentiale die es zu heben gilt. Ich war anfangs hauptsächlich in der Prozessberatung für Betriebsabläufe tätig, in der zweiten Projekthälfte dann Coach für Fragestellungen rund um das Projektmanagement. Dabei habe ich dem Kunden nicht nur mit Samthandschuhen angefasst sondern agierte in vielen Belangen auch als Sparringspartner.
Warum hast Du Dich für den Beruf eines Unternehmensberaters entschieden?
Direkt nach meinem Studium der Informatik arbeitete ich sieben Jahre bei einer Hypothekenbank im Genossenschaftsverbund. Zu Beginn bestand meine Aufgabe im Softwareengineering, später war ich dann auch für das Projektmanagement zuständig.
1999 erwachte bei mir die Neugier, mein vertrautes Umfeld zu verlassen. So heuerte ich bei Andersen Consulting an, sich sich dann Anfang 2001 in Accenture umbenannten. Ich denke dieser Name ist den Lesern ein Begriff. Die Motivation zu Accenture zu gehen bestand in erster Linie darin, dass die Beratung gesamtheitlich stattfindet, soll heißen, dass nicht nach der strategischen Beratung die Aufgabe beendet ist, vielmehr wird der Kunde auch in der Umsetzung der Strategie begleitet, bis das Ziel – in den meisten Fällen das Produkt – dann umgesetzt ist. Der Beruf des Unternehmensbraters bietet die Möglichkeit sein Aufgabenspektrum breit zu fächern, ohne dabei den Arbeitgeber wechseln zu müssen.
Was schätzt Du an Deiner Arbeit und Deinem Leben als Consultant?
Als Unternehmensberater kannst Du in verschiedene Themen reinschnuppern, das ist Abwechslung pur. Nach der universitären Ausbildung legt sich ein Absolvent mit der Wahl einer bestimmten Branche sehr stark auf eine einzige Fachlichkeit fest. Das ist beim Consulting nicht unbedingt so. Der Berater baut Wissen und Erfahrung in verschiedenen Branchen auf, gerade große Unternehmensberatungen ermöglichen ihm oder ihr in verschiedene Kundenbranchen einzutauchen.
Andererseits, welche Dinge missfallen Dir an Deiner beruflichen Tätigkeit?
Naja, Consultants haben bei vielen ein schlechtes Image. Leider gibt es unter uns einige schwarze Schafe, diese schaden der gesamten Branche. Nach über 16 Jahren auf Achse stört mich das Reisen eigentlich nicht. Zumindest solange es nicht mehr als drei Nächte in der Woche im Hotel sind.
Welches ist einer der Hauptgründe, warum Unternehmen externe Berater hinzuziehen?
Da fallen mir drei Ursachen ein. Consultants werden hinzugezogen, falls
- die Aufgabenstellung nicht zum Kerngeschäft des Kunden gehört,
- es sich um ein Projekt handelt, das heißt ein Vorhaben mit abgegrenzten Beginn und Ende oder
- falls dem Kunden einfach die hauseigenen Fähigkeiten für das Problem fehlen er diese aber aufbauen möchte.
Trifft mindestens einer der Gründe zu, sind wir als Berater im Spiel.
Was stimmt an den vielen Merkmalen, die der Consulting-Branche so anhaftet?
Es stimmt schon, die Consulting-Branche ist meist besser bezahlt als der durchschnittliche Arbeitnehmer mit Universitätsabschluss. Dafür nehmen Consultants aber auch eine höhere Arbeitslast und gestiegene Erwartungen in Kauf. Die Beraterzunft gehört meist zum oberen Drittel der Uni-Absolventen. Folglich arbeiten ihre Mitarbeiter sehr effizient und strukturiert. Müssen sie auch, schließlich möchte der Kunde seine Ergebnisse oft bereits gestern statt heute.
Worauf kommt es bei einem guten Consultant an?
In der Consulting-Branche steht der Mitarbeiter im Vordergrund, nicht ein Produkt. Folglich bemisst sich der Erfolgsgrad der Beratungsarbeit mit der Person, dem Berater. Dieser sollte unbedingt Lust haben mit Leuten zusammenarbeiten. Sich auf den Kunden einlassen ist dabei sehr wichtig. Es reicht aber nicht, nur auf Augenhöhe des Kunden zu agieren. Bei Interaktionen mit Vorgesetzten, Juniorkollegen, Partnern, etc. muss immer wieder an der Ebene der Augenhöhe justiert werden. Nicht von oben herab, wie ich es bei anderen senioren Kollegen schon erlebt habe.
Wo siehst Du die Beratungsbranche in 10 Jahren?
Meiner Meinung nach bietet die Beratungsbranche auch in 10 Jahren noch exzellente Aussichten für ihre Mitarbeiter. Ich beobachte, wie große Unternehmen die Festanstellungen ihres Mitarbeiterstammes in Frage stellen. Der Fokus liegt dabei auf den Aufgaben des Kerngeschäfts. Themen die nicht dazugehören bieten Potential extern besetzt zu werden.
Consulting-Firmen werden sich branchen- und fachbezogen fokussieren. Daneben wird aber immer Platz für Beratungsunternehmen wie NOVEDAS sein. Ihr Trumpf liegt in der Nische. Mit großen Firmen wie Accenture und KPMG können oder wollen wir nicht konkurrieren.
Zum Abschluss: Welchen wertvollen Tipp würdest Du den Lesern Consulting-Life.de gerne mitgeben?
Ich empfehle Beratern nicht nur in praxisfernen Theorien zu denken. Last but not least muss der Beweis erbracht werden, dass die erdachten Konzepte greifen, die entwickelten Ideen auch funktionieren. Nur das lauffähige Ergebnis bringt dem Kunden nutzen, nicht die große Strategie.
Herzlichen Dank Herr Torsten Alberti für die zahlreichen Antworten!
Das Gespräch führte Christopher Schulz, 27.11.2015
Über den Interviewpartner Torsten Alberti
Torsten Alberti hat in seiner langjährigen Beraterlaufbahn umfassende Erfahrungen im Management großer und komplexer Projekte bzw. Programme gesammelt. Er verbindet dabei einen Projekt-Management-Ansatz, der den Menschen in den Vordergrund stellt – zusammen mit sein-
em breiten Expertenwissen. Seit 2009 ist Herr Alberti bei NOVEDAS, zuerst als Gesellschafter und Geschäftsführer der Hamburger Beratung NOVEDAS ITS. Nach der Verschmelzung der NOVEDAS Gesellschaften zur NOVEDAS Consulting nunmehr als Gesellschafter und leitender Manager.
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