Beratungserfolg mit dem „Vorsprung-durch“-Prinzip
Seit Jahren wirbt ein bekannter deutscher Automobilhersteller mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“ medienwirksam für seine Premiumfahrzeuge. Für erfolgreiche Unternehmensberater ist Vorsprung wichtig, wird der Consultant oft genau aus diesem Grund vom Kunden beauftragt. Doch was ist Vorsprung eigentlich und wo kann man als smarter Berater diesen entfalten? Im Beitrag gehe ich auf das von mir seit Jahren praktizierte „Vorsprung durch“-Prinzip ein und erkläre Dir wie Du Kunde und Wettbewerbern immer ein Schritt voraus bist.
Vorsprung in der Consultingbranche
Was ist eigentlich ein Vorsprung? Laut Wikipedia handelt es sich um ein zeitlichen Vorteil, ein Privileg, einen Felsvorsprung oder einen Wettbewerbsvorteil. Für uns Unternehmensberater ist speziell die letzte Ausprägung relevant, agieren wir doch an einem Markt mit Wettbewerbern. Ein Vorsprung muss aber nicht zwangsläufig nur bzgl. den Marktbegleitern ausgebaut werden. Es lohnt sich ebenfalls, hinsichtlich des Kunden einen positiv kommunizierten Vorsprung zu besitzen. Damit ist der Berater für den Kunden interessant, der Vorsprung des Consultants ein Grund für seinen Beauftragung. Im folgenden erkläre ich Dir mein auf fünf Säulen beruhenden „Vorsprung-durch“-Prinzip.
Die fünf Säulen des „Vorsprung-durch“-Prinzips
1. Vorsprung durch Wissen
„Wissen ist Macht“ – dieses geflügelte Wort des englischen Philosophen Francis Bacon fungiert in der Consultingbranche als knallharte Währung. Dank des Internets war es nie einfacher, Fach- und Methodenwissen auszubauen und somit einen Vorsprung zu erarbeiten. Mit erlernter Expertise kann der Berater dann direkt vor dem Kunden Punkte sammeln, z.B. in Meetings, Workshops oder bei Akquisetelefonate. Leider schmilzt mit der hohen Verfügbarkeit des Wissens auch der Ausmaß des Vorsprungs. Praktisch jeder halbwegs intellektuell fitte Mitbewerber hat Zugriff auf einen identischen Wissensschatz, kann Defizite in wenigen Tagen aufholen.
Werde ich beim Kunden mit einem und für den Kunden unbekannten Thema beauftragt, dann beginne ich zügig mit dem Wissensaufbau. So beispielsweise in einem IT Projekt, in welchem ein Konzept für das Lizenzmanagement für Großrechner Softwareprodukte entwickelt werden musste. Weder mein Client noch ich hatten Ahnung von der Domäne. Über die Weihnachtsferien lass ich mich in die Thematik ein und konnte den Kunde zu Jahresanfang positiv überraschen.
2. Vorsprung durch Erfahrung
Wissen heißt nicht gleichzeitig Können. Den Unterschied macht die Erfahrung, das in der Berufspraxis angewendete Wissen. Die Kenntnisse über positive und negative Konsequenzen von Modellen, Methoden und Konzepten kann nur über die Zeit und durch Anwendung von Wissen in realen Projekten gewonnen werden. Damit liegt hier auch die große Stärke von Erfahrung: sie ist nicht einfach kopierbar. Andersherum lässt sie sich auch nicht immer einfach erwerben, es droht das klassische „Henne-Ei-Problem“. Welcher Kunde beauftragt gerne einen unerfahrenen Berater für seine kritischen Projekte wenn dieser erst durch das Vorhaben die erforderliche Erfahrung sammeln würde?
Erfahrung weise ich mit Projektreferenzen und veröffentlichten Artikeln nach. Bei Gesprächen mit möglichen Kunden referenziere ich (mehr oder weniger offensiv) auf ähnlich gelagerte Problemstellungen bei anderen Kunden oder bringe ins Spiel, dass ich dazu bereits mehrere publizierte Abhandlung verfasst habe. So habe ich in den letzten Jahren viel Erfahrung im Anforderungsmanagement sammeln können, vermarkte diese Kompetenz gezielt für neue Projektaufgaben.
3. Vorsprung durch Kontakte
Consulting = People Business. Man könnte es auch anders ausdrücken. Geschäfte werden zwischen Menschen (und nur diesen) gemacht. Partner- und Kundenkontakte sind das Schmiermittel für ein erfolgreiches Beratungsunternehmen. Über ein weit verzweigtes und gut geöltes Netzwerk zu verfügen ist damit ein signifikanter Vorsprung welche Marktbegleiter nur langsam wettmachen können. Der Hauptmanko eines Netzwerkes liegt im Aufwand seiner kontinuierlichen Pflege. Kontakte lassen sich nicht einfach aus der Schublade ziehen, regelmäßige (teilweise sehr zeitintensive) soziale Interaktionen mit beiderseitigen Nutzen sind erforderlich.
Für mich muss ein Netzwerk belastbar sein. Was nützen >1.000 professionelle Kontakte abgespeichert in den sozialen Medien, wenn diese weder zum inhaltlichen Austausch, der Projektakquise noch für Problemlösungen herangezogen werden können. Das Netzwerke nützlich sind, habe ich in einem standortübergreifenden Projekt erlebt. Der Kunde, Hauptsitz in Niedersachsen, engagierte mich als in München wohnhafter Berater, um seine Prozesse bei einem mir ebenfalls bekannten Münchner Tochterunternehmen auszurollen. An beiden Standorten hatte ich ein Netzwerk, Kunde und ich profitierten gleichermaßen.
4. Vorsprung durch Daten
Silicon Valley Giganten wie Google oder Facebook machen es vor: im 21. Jh. dienen Unternehmen die Daten als Vorsprung vor der Konkurrenz. Das „Öl der Zukunft“ sprudelt reichlich im Web, lässt sich dort bequem und einfach erfassen und auswerten. Was heisst das nun für Unternehmensberatungen? Erstens ist die Phase des Datenmonopols für die Consultingbranche definitiv vorbei (siehe Webtipp). Zweitens können Berater die verfügbaren Datenschätze selbst und ohne komplizierte Werkzeuge heben und daraus Erkenntnisse gewinnen. Und drittens sollten Beratungen beginnen, eigene Datenspeicher mit exklusive Informationen anlegen und diese vermarkten.
Als Berater ist das Thema Vorsprung durch Daten für mich neu. Klar, man nutzt in seiner täglichen Arbeit Google & Co. Einen selbst konzipierten, für den Kunden wertvollen Fundus, habe ich bisher jedoch in keinem meiner Projekte anlegen können. Für 2016 zeichnen sich bei meinem Arbeitgeber erste Initiativen ab. Es bleibt spannend.
5. Vorsprung durch Tools
Wissen, Erfahrungen und Daten lassen sich kombinieren und in ein (meist durch Software realisiertes) Tool gießen. Das kann das einfache Excel mit einer Handvoll VBA Makros oder die ausgefuchste Analysesoftware für das Tablet sein. Tools verschaffen einen Beratung nennenswerten Vorsprung. Aufträge können schneller und mit weniger Fehler abgewickelt werden, Skalierung und Paralleler Einsatz sind nun möglich. Jedoch gilt das Zitat von Grady Booch „A fool with a tool is still a fool“. Werkzeuge sind keine Allheilmittel. Ihre Umsetzung erfordert Zeit und Investitionen bei ungewissen und unsicheren Erfolgsaussichten.
Als wissenschaftlicher Mitarbeiter entwickelten Kollegen der TU München eine Visualisierungssoftware für IT-Systemlandschaften. Das Tool stieß bei mehreren in Bayern ansässigen Unternehmen auf reges Interesse, verschaffte uns mehrere universitäre Beratungsaufträge, damit auch Lehrstuhlkontakte und Praxisdaten.
Fazit
Erfolgreiche Consultants sind gut beraten sich einen Vorsprung zu verschaffen, diesen zu halten und auszubauen. Das sollte jedoch nicht mit allen Mitteln geschehen, sondern im gesunden Einklang mit Kollegen, Wettbewerbern und dem privaten Umfeld.
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