Regelmäßig erhalte ich Anfragen, ob es nicht eine bewährte Methode zum Lösen von Brainteasern gibt. Nachdem ich über 150 Kopfnüsse in meinem Buch Brainteaser erfolgreich meistern* zu Papier gebracht habe, bin ich sicher: es gibt einen Best Practice Ansatz mit dem sich über 90 Prozent der Brainteaser lösen lassen. Kurz und bündig nenne ich diese Methode DRIVE-Formel. Im Beitrag stelle ich Dir DRIVE-Formel vor und zeige anhand eines konkreten Beispiels, wie Du diese in Deinem Jobinterview anwendest.

Aus welchen Elementen ein Brainteaser besteht

Ein Brainteaser hat zwei Bestandteile: die Aufgabe sowie eine passende Lösung. Ersteres ist gegeben, letzteres lieferst Du. Die Aufgabe kannst Du verfeinern in

  • mehr oder weniger nützlichen Hintergrundinformationen,
  • die von der Lösung einzuhaltenden Randbedingungen sowie
  • einer Frage.

Der Aufgabentext eines Brainteasers enthält immer eine Frage. Zudem ist ein Teaser oft mit Hintergrundinfos, gelegentlich auch mit Randbedingungen angereichert.

Für eine Brainteaser Aufgabe entwickelst Du eine Lösung. Diese untergliedert sich in

  • den Lösungsweg, also die Herangehensweise von Frage zum Ergebnis,
  • die Annahmen die als explizite Voraussetzung für die Lösung gelten sowie
  • das Ergebnis als Antwort auf die Frage.

Deine Lösung enthält immer einen Lösungsweg, in der Regel auch ein Ergebnis. Lösungsweg und Ergebnis beantworten zusammen die Frage und halten dabei die Randbedingungen ein. Manchmal ist Deine Lösung nur gültig, wenn die explizit definierten Annahmen zutreffen.

Systematisch Brainteaser lösen – die DRIVE-Formel

Jeder Brainteaser ist lösbar. Jeder. Gehe dazu einfach nachfolgende fünf Schritte systematisch durch. Ich nenne den Ansatz DRIVE-Formel, abgeleitet von den ersten Buchstaben des englischen Begriffs eines jeweiligen Schrittes.

1. Define – das Problem verstehen

Lese Dir zunächst den Aufgabentext durch. Nur die Ruhe. Bei einem Brainteaser ist das Verständnis der Problemstellung die halbe Miete. Markiere dabei relevante Hintergrundinfos und Randbedingungen. Falls Dir ein bestimmter Begriff oder Zusammenhang unklar ist, fragst Du den anwesenden Personaler. Habe hier keine Hemmungen. Teilweise formulieren Unternehmen einen Brainteaser bewusst Mehrdeutig, um das Kommunikationsverhalten eines Kandidaten zu testen.

Ebenfalls nützlich, den Kontext des Problems zu umschreiben. Daher: in welcher Situation ist der Brainteaser eingebettet? Fasse schließlich die Aufgabenstellung mit Deinen eigenen Worten laut zusammen. Unterstützend kannst Du Dir den Sachverhalt bildhaft vorstellen. Wie gesagt: kein unnötiger Stress: Was nutzt Dir eine Lösung für eine Aufgabe, die Du nur unvollständig oder gar falsch verstanden hast.

Folgende Leitfragen helfen Dir in diesem ersten und wichtigen Schritt:

  • In welche Kategorie fällt dieser Brainteaser? Kreativität, Logik, Mathematik,  Physik oder Schätzung?
  • Wie sind die im Aufgabentext verwendeten Begriffe zu verstehen?
  • Welches ist das gesuchte Ergebnis?
  • Worin liegen die Randbedingungen und die Kontextfaktoren?
  • Was fehlt im Aufgabentext? Welche Textelemente sind überflüssig?

2. Resolve – die Lösungen ausarbeiten

Nun ist Deine Schaffenskraft gefragt. Auf Basis Deines Aufgabenverständnisses, Deines Allgemeinwissens und Deiner Kreativität entwickelst Du eine – bessere mehrere – valide Lösungen. Notiere Deinen Weg zum Ergebnis. Am besten mittels Zettel und Stift bzw. am Flipchart oder Whiteboard. Kleine Tabellen, Wirkungsnetze, Schlagworte reichen völlig – Du musst mit Deinen Skizzen keinen Nobelpreis gewinnen. Halte ebenfalls die für eine Lösung erforderlichen Annahmen fest.

Kommuniziere Deine Vorgehensweise und die gefundenen Alternativen an den anwesenden Personaler. Scheue Dich nicht, zurück in den Schritt 1 zu springen, falls Du feststellst, dass das Problem noch nicht präzise genug ist. Am Ende der Phase liegt ein Bündel möglicher Lösungen vor Dir. Hilfreiche Leitfragen sind:

  • Worin besteht eine erste intuitive Lösung für das Problem?
  • Welche Aussage beantwortet die Frage und erfüllt gleichzeitig alle Randbedingungen?
  • Welche notwendigen Annahmen muss diese Lösung erfüllen?
  • Wie könnte das direkte Umfeld des Problems für eine Lösung herangezogen werden?
  • Wie könnte das Problem noch betrachtet, das heisst umgedeutet, werden?

3. Identify – die Lösung auswählen

Nicht immer hat ein Brainteaser eine einzige Lösung. Teilweise sind Brainteaser Texte mehrdeutig bzw. gibt es mehrere richtige Antworten auf eine Frage. Dieser Schritt ist nur erforderlich, falls Du mehrere Lösungen für die Aufgabe entwickelt hast. Wiege diese nun gegeneinander ab. Identifiziere und entscheide Dich für das Optimum und begründe Deine Auswahl gegenüber dem Personaler. Auch hier ein paar Leitfragen:

  • Worin bestehen die positiven und negativen Auswirkungen einer Lösung?
  • Welche Lösung scheidet wegen der realitätsfernen, unwirtschaftlichen, nicht nachvollziehbaren, etc. Konsequenzen aus?
  • Welche Lösung lässt sich auf Grund unhaltbarer Annahmen von vornherein eliminieren?
  • Gibt es eine Lösung die andere in ihren Konsequenzen dominiert?
  • Welche Lösung passt am besten zum potentiellen Arbeitgeber?

4. Validate – die Lösung überprüfen

Entwickeln ist gut, entwickeln & prüfen ist besser. Bevor Du einen Brainteaser abschließt und Deine Lösung kommunizierst, überprüfst Du Deine Arbeitsergebnisse. Checke das Ergebnis, die Annahmen und den Lösungsweg. Folgende Ja/Nein-Fragen leiten Dich bei diesem vorletzten Schritt.

  • Beantwortet das Ergebnis die Frage des Brainteasers?
  • Erfüllt das Ergebnis alle Randbedingungen?
  • Ist der Lösungsweg nachvollziehbar?
  • Sind die aufgestellten Annahmen realistisch?
  • Sind Ergebnis, Annahmen und Lösungsweg plausibel?

5. Express – das Ergebnis präsentieren

Achtung! Eine richtige Lösung ist noch kein komplett absolvierter Brainteaser. Bevor Du die Aufgabe abschließt, musst Du Deine Resultate an den Personaler kommunizieren. In einem finalen Schritt präsentierst Du zunächst das Ergebnis sowie die damit verbundenen Annahmen. Anschließend fragst Du nach, inwieweit der Personaler Zeit und Interesse an Deinem Lösungsweg hat.

In manchen Fällen musst Du begründen, warum Du Dich nicht für eine alternative Lösung entschieden hast. Auch für diesen letzten Schritt helfen Dir nützliche Leitfragen weiter:

  • Welche Rückfragen hat der Personaler mit Blick auf das Ergebnis, den Lösungsweg und die Annahmen?
  • Wo lag der Knackpunkt des Brainteasers?
  • Was sind weiterführenden Gedanken, die es sich einzubringen lohnt?
  • Losgelöst vom Inhalt des Brainteasers: welche methodischen Erkenntnisse konnten gewonnen werden?
  • Falls Du den Brainteaser nicht auflösen konntest: welche Informationen fehlen Dir? An welchen Punkt kommst Du warum nicht weiter?

Wie die DRIVE-Formel in der Praxis funktioniert

Werden wir jetzt konkret und wenden die DRIVE-Formel auf einen Brainteaser an. Gegeben sei die mittelschwere Aufgabe ‚Der Ententeich‘, ebenfalls zu finden in meinem Buch Brainteaser erfolgreich meistern*:

Auf einen Dorfteich schwimmen zwei Enten vor einer Ente, zwei Enten hinter einer Ente und eine Ente in der Mitte.
Wie viele Enten schwimmen mindestens auf dem Teich?

1. Define – das Problem verstehen

Nach genauem lesen und analysieren des Aufgabentextes hältst Du drei Randbedingungen fest:

  1. zwei Enten schwimmen vor einer Ente
  2. zwei Enten schwimmen hinter einer Ente
  3. eine Ente schwimmt in der Mitte

Zudem notierst Du die Frage: gesucht ist die minimale Anzahl von gleichzeitig schwimmenden Enten.

2. Resolve – die Lösungen ausarbeiten

Erneut überfliegst Du den Text und stellst fest:

  • der Fakt, dass es sich um einen Dorfteich handelt, ist für die Lösung zu vernachlässigen.
  • Du weisst bereits seit Deiner Kindheit, das Enten hintereinander, nebeneinander oder diagonal zueinander auf einem Gewässer schwimmen können.

Mit Zettel und Stift skizzierst Du verschiedene Formationen von Enten. Jedes Mal prüfst Du, ob Deine Ergebnisformation alle drei Randbedingungen einhält. Relativ rasch erhältst Du fünf Enten. Doch ist das bereits die minimale Zahl? Auch bei drei hintereinander schwimmenden Enten erfüllen die Bedingungen des Brainteasers. Annahmen sind für beide Lösungen nicht erforderlich.

3. Identify – die Lösung entscheiden

Drei ist besser als fünf. Immerhin fragt der Brainteaser nach der minimalen Anzahl von Enten. Du gehst mit dieser Lösung ins Rennen.

4. Validate – die Lösung überprüfen

Du testest Deiner herausgearbeitete 3er-Formation von hintereinander schwimmenden Enten. Dazu gehst Du erneut die drei Randbedingungen durch. Alles passt.

5. Express – das Ergebnis präsentieren

Du stellst die Lösung dem Personaler vor und erläuterst kurz die Erfüllung der drei Randbedingungen. Auch weisst Du auf die Knackpunkte der Aufgabe hin: Randbindungen und Schwimmformation. Letztlich bittest Du um offene Fragen und signalisierst Deine Bereitschaft für die nächste Aufgabe.

Fazit

Brainteaser sind kein Hexenwerk. Mache Nägel mit Köpfen und nutze die DRIVE-Formel zur strukturierten Entwicklung einer gültigen Lösung. Bereits bei der Vorbereitung Deines Bewerbungsgespräches gibt Dir die Formel Orientierung. In der Hitze des Jobinterviews unterstützt Dich der Ansatz dann beim sicheren und systematischen Lösen der Bewerberaufgabe. Viel Erfolg!

> Hilft Dir die DRIVE-Formel bei Brainteasern weiter? Feedback gerne als Kommentar.


Brainteaser

Bedarf an weiteren Brainteasern?

  • 150 anspruchsvolle Brainteaser auf > 170 Seiten
  • Inklusive Tipps, Musterlösung und Lessons Learned
  • An einer Stelle direkt zum Nachschlagen
  • Zur Vorbereitung Deines Bewerbungsgespräches
  • Bereits über 3.000 zufriedene Leser


Du möchtest Unternehmensberater werden?

  • Inside Knowhow für Deine Bewerbung
  • Methoden, Modelle und Tipps auf 80 Seiten
  • Kompakt erklärt und einfach umsetzbar
  • An einer Stelle direkt zum Nachschlagen
  • Aus der Praxis, für die Praxis



Leave a Reply

Your email address will not be published.