Disruptives Denken für Consultants – Die digitale Transformation in Ihrem Kopf (Gastbeitrag)
Die Digitalisierung verändert Märkte und Unternehmen in einem nie gekannten Ausmaß. Das hat auch Auswirkungen auf das klassische Consulting. In seinem neuen Buch „Digitale Gewinner“ beschreibt Bestseller Autor Dr. Jens-Uwe Meyer, wie Unternehmen und Mitarbeiter*innen zu Gewinnern des digitalen Wandels werden können. In diesem Gastartikel lernen Sie eine Denktechnik kennen, die Ihnen, Ihrem Team und Ihren Beratungskunden weiterhilft. Das disruptive Denken.
Die digitale Transformation ist eines der Hauptbetätigungsfelder für die Consulting-Branche: Unternehmen suchen händeringend nach Anleitungen, um den digitalen Wandel zu managen. Allerdings stoßen Berater bei Kunden häufig auf ein Problem: Unternehmen neigen dazu, die Digitalisierung nicht als radikalen Wandel zu verstehe, sondern vielmehr die Fortsetzung des Bestehenden mit neuen Technologien. In diesem Artikel lernen Sie eine Denktechnik kennen, die Ihnen und Ihren Kunden hilft, die Auswirkungen der Digitalisierung besser zu managen: Das disruptive Denken.
Wie geht disruptives Denken?
Stellen Sie Ihren Kunden folgende Frage: „Stellen Sie sich vor, Sie würden heute Ihren Beruf noch einmal erlernen. Ihre Abteilung und Ihr Team im Unternehmen würden neu etabliert. Oder Ihr Unternehmen würde neu gegründet werden. Stellen Sie sich vor, Sie bräuchten drei bis fünf Jahre Aufbauzeit und könnten alle digitalen Technologien nutzen, die aktuell zur Verfügung stehen: das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, die Blockchain, den neuen Mobilfunkstandard 5G und andere. Was würden Sie tun?“
Und dann konkretisieren Sie Ihre Fragen:
- „Würden Sie genau das lernen, was Sie in der Vergangenheit gelernt haben?“
- „Würden Sie Ihr Team oder Ihre Abteilung genauso aufbauen wie Sie heute besteht?“
- „Würde das Unternehmen, in dem Sie arbeiten, die gleichen Angebote machen und genauso strukturiert sein?“
In den vergangenen Jahren habe ich zahlreiche Teams, Abteilungen und Unternehmen analysiert, die im digitalen Wandel weit vorne sind. Digitale Gewinner. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie dachten die Zukunft disruptiv. Sie überlegten, wie sie sich und ihr bestehendes Geschäft angreifen können. Disruptives Denken bedeutet im ersten Schritt, das Bestehende komplett in Frage zu stellen.
Die erste Phase des disruptiven Denkens: Heilige Kühe schlachten
Im Vergleich zu traditionellen Unternehmen haben es Start-ups relativ einfach. Sie greifen bestehende Märkte an. Kompromisslos. Sie haben auch nichts zu verlieren. Im Gegensatz zu traditionellen Unternehmen verdienen Start-ups häufig über Jahre hinweg kein – manchmal auch nie – Geld. Traditionelle Unternehmen haben es schwerer. Sie müssen einerseits die bestehende Kundenbasis bedienen und das bestehende Geschäft so weit wie möglich optimieren. Andererseits müssen sie das Neue kompromisslos vorantreiben.
Eine Aufgabe, die häufig daran scheitert, dass bestimmte „Heilige Kühe“ nicht in Frage gestellt werden: Die bestehende Vertriebsstruktur, ein vor Jahren etabliertes Softwaretool oder Unternehmensstrukturen, die im analogen Zeitalter entstanden sind. Die erste Stufe des disruptiven Denkens besteht darin, diese „Heiligen Kühe“ immer wieder gezielt in Frage zu stellen. Genau das kann ein wertvoller Impuls aus der Beratung heraus sein. Fragen Sie Ihr Kunden: „Würden Sie heute noch einmal beginnen, würden Sie die Vertriebsstrukturen genauso aufbauen?“ „Würden Sie die Software heute noch so einführen?“ „Und würden Sie das Unternehmen heute noch so strukturieren?“ Wann immer die Antwort „nein“ lautet: Der bestehende Zustand sollte verändert werden.
Disruptives Denken Phase zwei: Suchen Sie nach übertragbaren Anwendungsfällen von digitalen Technologien
Die meisten Menschen und Unternehmen sind in ihrem Denken branchenbezogen. Sie vergleichen sich mit anderen Unternehmen ihrer Branche sowie mit Unternehmen aus naheliegenden Bereichen. Disruptives Denken verfolgt andere Grundsätze: Den Vergleich mit Unternehmen aus anderen Branchen. Welche Anwendungsfälle hat Amazon, die sich auf einen Maschinenbauer übertragen lassen? Wo löst ein hochinnovatives Start-up mit künstlicher Intelligenz Probleme besser als es andere tun. Suchen Sie gemeinsam mit Ihren Kunden gezielt nach Anwendungsfällen aus anderen Branchen und Bereichen, die Ihre Kunden auf sich übertragen können. Nicht eins zu eins, sondern adaptieren.
Disruptives Denken Phase drei: Starten Sie einen Angriff auf sich selbst
Versetzen Sie Ihre Kunden in die Rolle aggressiver Angreifer. Fragen Sie: „Was würden Sie tun, um Ihr bestehendes Geschäftsmodell kompromisslos anzugreifen?“ „Welche innovativen Services und digitalen Geschäftsmodelle würden Sie entwickeln, wenn Sie keine Rücksicht auf Ihr bestehendes Geschäft nehmen müssten?“
Diese Art des disruptiven Denkens lässt das Bestehende bewusst außer Acht. Versetzen Sie sich in die Lage des Amazon-Chefs, des Zalando-Gründers oder eines KI-Start-ups. Was würden Ihre Kunden anders machen, wenn Sie plötzlich nicht mehr in der Situation der Verteidigung sind, sondern auf Angriff spielen?
Disruptives Denken Phase vier: Übertragen Sie Ihre neuen Ideen in das bestehende Geschäft
Spätestens jetzt kommen in vielen Unternehmen die „normalen“ Denkansätze wieder durch.
- „Das geht momentan nicht.“
- „Das verträgt sich nicht mit unserem Alltagsgeschäft.“
- „Das wird kurzfristig keine Gewinne abwerfen.“
Überlegen Sie, wie Sie die Ergebnisse des disruptiven Denkens in die Unternehmen Ihrer Kunden übertragen können. Überlegen Sie gemeinsam, ob Sie Innovationsprojekte innerhalb der bestehenden Strukturen umsetzen können oder neue Strukturen schaffen müssen. Beispielsweise ein Innovation Lab oder sogar eine Ausgründung. Disruptives Denken unterstützt Sie, Ihr Beratungsteam und Ihre Kunden dabei, den Scheuklappenblick abzulegen, der im Alltag normal ist. Disruptives Denken ist das, was digitale Gewinner erfolgreich macht.
Über den Autor Jens-Uwe Meyer
Dr. Jens-Uwe Meyer gehört zu den führenden Experten für Innovation und Digitalisierung. Er ist Autor von 13 Büchern zum Thema, Keynote Speaker und Software-Unternehmer. Sein neuestes Buch „Digitale Gewinner“ stellt Strategien für den digitalen Wandel vor. Zusätzlich zum Buch ist die kostenlose Software für Innovations- und Wissensmanagement veröffentlicht worden, die Unternehmensberater für ihre Projekte nutzen können.
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