Für die meisten Consultants spielen Anforderungen eine wichtige Rolle. Ob nun im Rahmen von Change Projekten, bei der Optimierung von Geschäftsprozessen oder für die Neuentwicklung eines IT-Systems: im Zentrum stehen die verschiedenen Anforderungen der Stakeholder.

Im Beitrag Requirements Engineering – die CPRE Foundation Prüfung erfolgreich meistern habe ich Dir deshalb gezeigt, wie Du die vom Institute for Requirements Engineering Board (IREB) aufgelegte Certified Professional for Requirements Engineering (CPRE) Grundlagenprüfung vorbereiten und mit wehenden Fahnen bestehen kannst. In diesem Beitrag zeige ich Dir nun, wie Du die darauf aufbauenden vier CPRE Advanced Level Module ganz ohne externes Training mit Bravour absolvierst.


Requirements Engineering – Daily Business für Unternehmensberater

Seit seiner Gründung im Jahr 2006 hat das IREB seinen Requirements Engineering (RE) Curriculum kontinuierlich ausgebaut. Neben dem Foundation Level sind in den vergangenen Jahre vier Advanced Module hinzugekommen:

  1. Requirements Elicitation & Consolidation vertieft das Erheben und Konsolidieren von Anforderungen.
  2. Requirements Modeling widmet sich der formalen Beschreibung von Anforderung mit Hilfe von Unified Modeling Language (UML) Modellen.
  3. Requirements Management umfasst das Verwalten, Priorisieren und Nachverfolgen von Anforderung sowie der Optimierung des zugrunde liegenden RE-Prozesses.
  4. RE@Agile ist das neueste RE-Aufbaumodul für das CPRE Programm. Im Fokus steht das Agile erheben, dokumentieren, abstimmen und nachhalten von Anforderungen.

Business Consultants empfehle ich das Elicitation & Consolidation Modul. Technische orientierte Berater sollten sich dem Thema Modeling zuwenden. Arbeitest Du als Produktverantwortlicher (engl. Product Owner) in agilen nach dem Vorgehensmodell Scrum aufgesetzten Projekten, dann ist für Dich RE@Agile ein Tipp. Insbesondere bei langen und verteilten Projekten mit vielen Stakeholdern ist das effektive Requirements Management wichtig.

Zudem existiert ein Expert Level. Diesen kannst Du absolvieren, nachdem Du mindestens drei Advanced Module erworben hast. In Gesprächen mit dem 1. Vorsitzenden von IREB Dr. Kim Lauenroth auf dem Business Analysis Day 2018 stellt dieser heraus, dass die Zertifizierung weniger für Berater, sondern für interne Fachspezialisten gedacht ist.

Aber zurück zur Advanced Level Prüfung. Nach Bestehen des Foundation Levels, habe ich 2015 und 2016 sie drei der vier Advanced Module draufgesattelt. Und das ohne eine der dafür empfohlenen 3-tägigen Vorbereitungsschulungen zu besuchen. Aus meiner Sicht bietet IREB exzellente Unterlagen mittels derer Du Dich in Eigenregie mit den Stoff beschäftigen und für die Prüfung fit lernen kannst. Bezahlt werden muss dann nur noch die Prüfung bei einem zertifizierten Anbieter. Stand 2016 verlangt dieser rund 720 Euro brutto für seine Aufwendungen. Das durch das Selbstlernen gesparte Geld ist aus meiner Sicht in Literatur, Fachtagungen und Kongresse zum Thema Requirements Engineering besser angelegt.


Die Certified Professional for Requirements Engineering Advanced Level Prüfung

Jede CPRE Advanced Level Prüfung besteht aus zwei Bestandteilen: schriftliche Klausur und Hausarbeit. Erstere musst Du mit mindestens 70 Prozent bestehen und darfst anschließend die Hausarbeit in Angriff nehmen.

Wie beim Foundation Level dauert die Klausur 75 Minuten und umfasst Multiple Choice Fragen der Kategorien Einfachauswahl (A-Frage), Mehrfachauswahl (P-Frage) sowie Richtig oder Falsch Auswahl (K-Frage). Zum Bestehen sind seit August 2016 mindestens 70 Prozent der erreichbaren Punkte notwendig. Falsche Antworten werden nicht mit Punktabzug bewertet. Wer möchte, kann das Examen in einer Fremdsprache (z.B. Englisch) durchführen und gewinnt damit 15 Minuten zusätzliche Arbeitszeit. Aus meiner Erfahrung reichen die verfügbaren 75 Minuten für jede der Advanced Module mehr als aus.

Nach bestandener Klausur steht die Anfertigung einer mindestens 10 Seiten langen Hausarbeit an. Diese umfasst mehrere Aufgaben und muss innerhalb von 3 Monaten eingereicht werden. Zum Bestehen benötigst Du hier nur 60 Prozent der Maximalpunktzahl. Weder Klausur noch Hausarbeit erfordern die Teilnahme an einem Training.


Zum CPRE Advanced Level in 5 Tagen

Für die Advanced Level Klausur bereitest Du Dich fast identisch wie auf die Foundation Variante vor. Im Klartext heisst das:

Schritt 1: Grundlagen legen [16 Stunden]
Arbeite das für den Advanced Level vorgesehene Handbuch durch. Stand 2016 liegen fundierte Handbücher für Requirements Modeling und Management sowie RE@Agile vor.

Schritt 2: Wissen festigen [1 Stunde]
Festige Dein angelesenes Wissen durch Querlesen des offiziellen IREB CPRE Advanced Level Lehrplans.

Schritt 3: Spielregeln verstehen [0.5 Stunde]
Überfliege die IREB Advanced Level Prüfungsordnungsordnung v1.9.

Schritt 4: Probelauf wagen [3 Stunden]
Absolviere die IREB CPRE Advanced Level Übungsprüfung unter realen Testbedingungen. Kontrolliere Deine Ergebnisse unter Verwendung des englischsprachigen CPRE Glossars (Version 1.7) sowie der Handbücher.

Schritt 5: Prüfungsbereit werden [2 Stunden]
Wiederhole den Stoff und schließe offene Wissenslücken.

Hast Du die Prüfung bestanden, steht nun die Hausarbeit auf dem Programm. Um in den von IREB vorgesehenen zwei Arbeitstagen zu einem soliden 10-seitigen Ergebnispapier zu gelangen, hat sich für mich folgendes Vorgehen bewährt:

Schritt 1: Beispielprojekt auswählen [1 Stunde]
Suche Dir ein Projekt aus Deiner Laufbahn als Requirements Engineer heraus. Das Projekt sollte Dir Spaß gemacht haben und Du solltest zu diesem noch viele Unterlagen (z.B. Systemmodelle, Stakeholder-Listen, Anforderungstabellen) besitzen.

Schritt 2: Aufgaben & Inhalte abgleichen [1 Stunde]
Lese durch den Aufgabentext der Hausarbeit und überlege Dir, welche Fakten und Ergebnisse Deines Projektes sich gut als Basis für eine Antwort eigenen würden. Lege alle passenden Projektinhalte an einer Stelle zentral ab.

Schritt 3: Aufgaben absolvieren [10-14 Stunden]
Arbeite die Aufgaben durch, am besten von vorne bis hinten. IREB möchte prüfen, ob Du die im Advanced Level Lehrplan behandelten Konzepte verstanden hast, diese anwenden kannst und Methode und Ergebnis auch reflektierst.

Schritt 4: Ergebnisse prüfen [1-2 Stunden]
Reviewe Dein Ausarbeitung und kürze alle überflüssigen Textpassagen zusammen. Im Zentrum stehen die Fakten, Zusammenhänge und Erkenntnisse aus der Perspektive der jeweiligen RE-Disziplin. Auch sollten die Inhalte keine Rückschlüsse auf das Unternehmen, auf Dich oder Dein Unternehmen zulassen.

Schritt 5: Hausarbeit einsenden [1 Stunde]
Lösche alle Meta-Informationen, wie Autor, letzte Bearbeitung, etc. aus Deinem Ergebnisdokument. Wirf einen letzten Blick auf das Resultat. Auch Format, Struktur und Optik sollten stimmig sein. Schlechte Qualität von Abbildungen und fehlende Textabsätze mindern das Leseerlebnis beim Prüfer. Sende das finale ansprechende Papier zusammen mit dem ausgefüllten Deckblatt an Deinen Prüfungsanbieter und vergewissere Dich, dass Du eine Empfangsbestätigung erhältst.

Analog zur Foundation Prüfung gilt auch für die Advanced Ausgabe: Konntest Du beruflich bereits viel Erfahrungen im Requirements Engineering sammeln, dann solltest Du mit Deinen Klausurvorbereitungen und der Hausarbeit schneller voranschreiten. Beispielsweise hatte ich als Doktorand an der Uni den Studierenden über mehrere Jahre das Thema Modellieren in UML vermittelt. So habe ich zum Erreichen des Requirements Modeling Level nur vier der ursprünglich fünf eingeplanten Arbeitstage benötigt.


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Tipps & Tricks zum Meistern der CPRE Advanced Level Prüfung

Prinzipiell gelten alle meine Foundation Tipps auch für die Advanced Level Prüfungen. Zudem haben mich folgende ‚Exam Hacks‘ in allen drei Klausuren und Hausarbeiten mit mindestens 80 Prozent der erreichbare Punkte ans Ziel gebracht.

Tipp 1 – Weiterführende Literatur querlesen
Sowohl IREB Advanced Level Handbücher als auch die IREB Webseite verweisen auf allerlei weiterführende Literatur. Reichen Dir die Erklärungen im Standardmaterial nicht aus, oder möchtest Du Themen einfach nur wiederholen, empfehle ich Dir in diesen (meist frei im Internet verfügbaren) Sekundärquellen nachzulesen.

Tipp 2 – Gesamte Klausurzeit nutzen
Auch wenn Du vor Ablauf der 75 Minuten mit der Bearbeitung der Klausuraufgaben fertig sein solltest und Du laut IREB Prüfungsordnung die Prüfung früher verlassen darfst, empfehle ich Dir, die verbleibende Zeit in eine Ergebniskontrolle zu stecken. Teilweise entscheiden einzelne Worte, welche der angebotenen Antworten die Richtige ist. Es wäre schade diese zu überlesen, nur weil Du 10 Minuten früher Feierabend machen willst.

Tipp 3 – Hausarbeit aufteilen
Die Hausarbeit erledigst Du am besten in 6-8 Arbeitsblöcken à 2 Stunden Arbeitszeit. Am frühen Morgen, nach Feierabend oder am Wochenende lässt sich so fast immer eine Intensiveinheit einflechten. Am besten Du nimmst Dir für einen Arbeitsblock genau eine Aufgabe im Text vor. In einer Woche sollte sich damit ein passables Ergebnisdokument erstellen lassen.

Tipp 4 – Projektinhalte wiederverwenden
Solltest Du wie ich mehrere Advanced Module absolvieren, dann empfehle ich für die Hausarbeit immer auf ein und dasselbe Projekt zurückzugreifen. Auf diese Weise bist Du mit dem Projektkontext und Deinem Beitrag im Vorhaben bereits vertraut und kannst mindestens den Einstieg in leicht variierter Form wiederverwenden.


Prüfungseinsicht: Am meisten lernt man natürlich aus Fehlern. Leider können Examen und Hausarbeit nach ihrer Korrektur nur gegen Entrichtung einer Gebühr in Augenschein genommen werden. Da ich bisher jedesmal bestanden habe, sah ich bisher keinen Bedarf Geld und Zeit für die Sichtung eines positiven Prüfungsergebnisses aufzuwenden. Interessant wäre es trotzdem zu erfahren, wo und warum man nicht die volle Punktzahl einheimsen konnte. Falls Du hier Wissen hast, würde ich mich über Deinen Kommentar freuen.


Fazit

Die CPRE Advanced Module bieten aus meiner Sicht eine prima Möglichkeit, die eigenen Kompetenzen im Requirements Engineering zu vertiefen und auszubauen. Das IREB-Material in Kombination mit ergänzender Literatur machen ein Training aus meiner Sicht obsolet. Mit etwas Motivation und Praxiserfahrung klappt die Prüfung auch gut im Modus ‚Abendschule‘.

Wer die unbezahlten zwei Arbeitstage je Modul für die Hausarbeit scheut, sollte sich nur mit den Handbüchern beschäftigen. Diese enthalten bereits praktisches Wissen für den Projektalltag im Requirements Engineering.


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    2 replies to "Requirements Engineering 2.0 – die CPRE Advanced Prüfungen mit Bravour bestehen"

    • Max

      Danke für den interessanten Blog! Beim Modul „Elicitation & Consolidation“ fehlt weiterhin das Handbuch seitens IREB, deshalb entfällt der erste Schritt. Kannst Du bestimmte Dokumente / Bücher als Ersatz empfehlen zum Durcharbeiten?

      • Dr. Christopher Schulz

        Hallo Max,
        danke für Dein Kompliment. Tatsächlich habe ich damals den Lehrplan genutzt. Außerdem hatte ich mich im Buch Basiswissen Requirements Engineering noch einmal in die einzelnen Techniken eingelesen. 2015 konnte ich damit die Prüfung meistern.

        Hoffe das hilft Dir etwas weiter.

        Grüße, Christopher

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