Customer Journey

Die Customer Journey – Kundeninteraktionen perfektionieren

Als Customer Success Manager, Marketing-Leiter oder Service-Verantwortlicher bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Wie nimmt ein Bestandskunde das Unternehmen wahr?
  • Wann übertreffen, wann enttäuschen wir die Erwartungen der Kundschaft?
  • Wie viele Kontaktanläufe benötigt ein Interessent, bevor er sich für das Angebot entscheidet?

Unterstützung findest Du in der Customer Journey und dem Verfahren des Customer Journey Mappings.


Ergebnis: Berührungspunkte eines Kunden mit einem Unternehmen und dessen Angeboten bestimmt und optimiert

Teilnehmer: mind. 1 Person (besser: Team mit Mitgliedern aus möglichst verschiedenen Bereichen)

Dauer: ab 60 Minuten (initiale Fassung)

Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Stifte & Klebezettel oder Notebook & Office Software


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Zweck

Mit der Customer Journey betrachtest und optimierst Du ein Unternehmen und seine Angebote vom Standpunkt des Kunden. Das Modell eignet sich prima die unterschiedlichen Kontaktstellen eines (potentiellen) Käufers mit der Organisation zu identifizieren, zu analysieren, zu diskutieren und schließlich zu verbessern.

Selten beschließen Kunden bei einem neuen Produkt oder einer neuen Dienstleistung sofort zu kaufen. Vielmehr bedarf es gerade bei hohen und erklärungsintensiven Investitionen mehrerer Interaktionen, bis ein Interessent sich für eine Investition entscheidet. Die Customer Journey sind die einzelnen Phasen und Kontakte, die ein Kunde durchläuft, bevor er letztlich für die Sache votiert.

Statt sich auf die Unternehmensvision, Wertschöpfung oder Projekte zu konzentrieren, wechselst Du mit der Customer Journey die Perspektive und denkst emphatisch vom Entscheider, Käufer bzw. Nutzer aus. Damit stehen die Kommunikationskanäle, die Marke, das Wertangebot und der Mehrwert für den Kunden im Fokus. Du konzentrierst Dich auf die Bühne des Geschäftsmodells, dort wo ein Kunde mit einem Unternehmen interagiert.

Synonyme für die Customer Journey sind Reise des Kunden, Kundenreise bzw. Kundenrad.


Aufbau

Kunde (engl. Customer) – „Wer kauft unser Angebot?“

Ausgangspunkt einer Customer Journey ist die Kundenzielgruppe, daher das Segment an Personen, welches die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens kauft. Nutze Methoden wie das Persona-Konzept oder die Empathy Map und definiere die Customer Gruppen.

Customer Journey
Typische online und offline Kontaktpunkte während einer Kundenreise

Kundenreise (engl. Customer Journey) – „Was erlebt ein Kunde bis zur Entscheidung für ein Angebot?“

Im engeren Sinn umfasst die Customer Journey alle direkten und indirekten Berührungspunkte (= Kontaktpunkte, Schnittstellen oder auch engl. Touchpoints) des Kunden mit einem Angebot bis zu dessen Erwerb.

Im weiteren – und wirtschaftlich zunehmend wichtigere – Sinn wird ebenfalls die Nutzungsphase des Produkts bzw. die Wirkungsphase des Service bis zum Ende des Lebenszyklus und einem Wiederkauf betrachtet. Insbesondere umfasst dies die Kommunikation des Kunden mit seinem Umfeld.

Eine Customer Journey im engeren Sinn gliedert sich in fünf Phasen, die jeweils von mindestens einem Berührungspunkt eingeleitet, vertieft oder abgeschlossen werden:

  1. Inspiration – Bewusstsein für das Angebot geweckt
  2. Favorisierung – Interesse für das Angebot verstärkt
  3. Wunsch – Kauf des Angebots erwogen
  4. Absicht – Kauf des Angebots konkret
  5. Umsetzung – Angebot gekauft

Je nach Branche, dem damit verbundenen Verkaufszyklus, Wertangebot, Zielkunden und Marktumfeld können die Zahl, Bezeichnung und genaue Semantik der Phasen abweichen. Am besten Du recherchierst. Mit hoher Sicherheit bietet das Web und die Fachliteratur ein spezifische Customer Journey Phasenmodelle für Deinen Anwendungsfall, welches Du übertragen und abwandeln kannst.

Beachte, dass nicht jeder Kunde eine Customer Journey linear von Anfang bis Ende bestreitet. Durch Empfehlung eines Freundes kann eine Person beispielsweise die Phase ‚Favorisierung‘ überspringen und sofort die feste ‚Absicht‘ hegen ein Angebot zu kaufen. Andersherum kann sich die ‚Absicht‘ derselben Person auch verflüchtigen, falls die Erwartungen am Kontaktpunkt ‚Laden‘ herb enttäuscht werden.

Generell verlaufen Kundenreisen von Standardprodukten und -diensten mit hoher Wiederkaufrate geradliniger und kürzer. Die Customer Journeys von teuren Investitionen hingegen sind verschlungener und benötigen mehr Zeit.

Kontaktpunkte (engl. Touchpoints) – „Wo interagiert ein Kunde mit einem Unternehmen bzw. seinen Angeboten?“

Typische Berührungspunkte für die einzelnen Phasen im Verbrauchermarkt sind Radio-, Plakat- und Fernsehwerbung, Läden und Geschäfte sowie das Internet. Gerade letzteres bedient jede Phase der Reise und erlaubt dabei ein umfassendes Nachverfolgen des Kundenverhaltens auf Basis von Tracking-Technologien.

Auch messen immer mehr physische Produkte das Verhalten ihrer Käufer während der Nutzungszeit bzw. helfen den Service-Anbietern digitale oder analoge Feedbackbögen für die Bewertung ihrer Dienstleistung.

Nicht jeder Touchpoint liegt unter der Kontrolle eines Unternehmens. So üben unabhängige Medien, Prüforganisationen, soziale Netzwerke oder die Mund-zu-Mund Propaganda ebenfalls Einfluss auf einen Kunden und seine Entscheidungen aus.

Bei sehr vielen Berührungspunkte kannst Du diese zu sogenannten Kundenkanälen zusammenfassen. So ist es beispielsweise möglich die Touchpoints Blog, Produkt-Hilfeseite und Online-Shop unter dem Kanal ‚Webseite‘ zu subsumieren. Die Kundenkanäle sollten sich dabei mit dem des Geschäftsmodells decken.

Anforderungen (engl. Requirements) – „Was möchte ein Kunde an einem Kontaktpunkt?“

Kunden besitzen verschiedene Anforderungen an Unternehmen und ihre Angebote. Dabei konkretisieren sich diese Anforderungen von Phase zu Phase der Customer Journey. In Anlehnung an das Kano Modell kannst Du bei den Berührungspunkten zwischen drei Anforderungskategorien unterscheiden:

  • Basis: Das sind unterbewusste Anforderungen des Kunden an ein Angebot, bei Produkten zum Beispiel bezüglich dem Funktionsumfang, der Qualität oder der Farbwahl.
  • Leistung: Alle bewussten Anforderungen eines Kunden bei einer Beratungsleistung, beispielsweise die Aufgaben und Ergebnisse, die Du und Dein Kunde während der Bedarfsphase ermittelt und im Beratungsangebot fixiert habt.
  • Begeisterung: Alle unbewussten Anforderungen, daher Aspekte einen Kunden bei einem Angebot positiv überraschen.

Was heute bei Kunden für Überraschungen sorgt, gilt morgen schon als überholt. Mit der Zeit werden aus Begeisterungs-, Leistungs- und letztlich einmal Basisanforderungen.


Anwendung

Die Ausarbeitung einer Customer Journey wird auch Customer Journey Mapping genannt. Durchlaufe für eine spezifische Kundenzielgruppe folgende Schritte, am besten im Workshop Format mit den entsprechenden Verantwortlichen der Reisekette.

1. Startpunkt fixieren

Starte stets aus der Sicht der Kundengruppe und gehe jede Kategorie von Wertangeboten einzeln durch.

  • Wo steht ein Kunde zu Beginn seiner Reise zu einem Produkt bzw. Service?
  • In welcher Situation befindet er sich?
  • Welche Umstände treiben ihn zu den Produkten und Services?

Fixiere den Ausgangspunkt der Kundenreise.

2. Kontaktpunkte identifizieren

Identifiziere für jede Phase der Customer Journey alle Berührungspunkte, die ein Kunde mit einem Unternehmen für ein bestimmtes Angebot durchlaufen könnte und die unter Kontrolle des Unternehmens liegen. Betrachte sowohl die online als auch die offline Welt.

  • Auf welchen Kanälen ist das Unternehmen wo präsent?
  • Wo interagiert der Kunde wie und mit wem?
  • Wie groß sind die Mengengerüste an den verschiedenen Touchpoints?

3. Anforderungen erheben

Lote für jede Phase und jeden Berührungspunkt aus, welche Basis- und Leistungsanforderungen ein (potentieller) Kunde an diese besitzt.

  • Was erachtet ein Kunde an einem Touchpoint als Standard?
  • Welche Aspekte fordert er explizit?
  • Mit welchen positiven Aspekten rechnet er nicht?

Interviews, Beobachtungen, Messungen und Befragungen helfen Dir bei der Erhebung der Anforderungen.

Perfektion ist der Feind des Guten. Eure erste modellierte Kundenreise ist voraussichtlich nicht die Endgültige. Arbeitet mit Hypothesen und testet Optimierungen an der Reise.

4. Journey optimieren

Verbessere die Kundenreise graduell auf Basis von Messungen, Beobachtungen und Befragungen.

  • Zu welchen Kosten können die Anforderungen übertroffen, damit die Bestandskunden begeistert und Neukunden akquiriert werden?
  • Welche Touchpoints sind inkonsistent, da sie ein Angebot bzw. das Unternehmen nicht kongruent repräsentieren?
  • Welche Touchpoints sind überflüssig, weil kaum Zielkunden an diesen interagieren?

Das Geschäftsumfeld eines Unternehmens ist im Wandel – politische, ökonomische, soziale, technologische, ökologische und rechtliche Einflussfaktoren ändern sich. Kunden erwarten neue Berührungspunkte und fordern zusätzliche Eigenschaften und Merkmale.

Andersherum treten traditionelle Touchpoints in den Hintergrund, sinkt der Stellenwert von tradierten Anforderungen ab. Durchlaufe regelmäßig die Reise des Kunden und optimiere iterativ die Touchpoints und damit das Gesamtkundenerlebnis.



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Beispiele

Customer Journey im Consulting

Machen wir das abstrakte Modell der Customer Journey konkret. Untere Abbildung zeigt die Reisephasen in der sich ein Beratungskunde zu einem Consulting Unternehmen befindet. Angelehnt an der typischen Customer Journey im Endkundenbereich durchläuft ein potentieller Klient bis zum Consulting Projekt fünf diskrete Phasen an unterschiedlichen Berührungspunkten:

Customer Journey
Customer Journey in der Beratungsbranche

Phase 1: Interesse
Der Kunde erfährt vom Beratungsangebot. Er erkennt den Wert und sieht konkreten Nutzen für sein Unternehmen und sich selbst. Er möchte nun mehr über das Angebot wissen und in Kontakt treten.

Phase 2: Beziehung
Der Kunde entwickelt eine positive Beziehung zur Beratung und ausgewählten Consultants. Vertrauen baut sich auf, der Status als Experte für das Beratungsangebot wächst.

Phase 3: Bedarf
Der Kunde äußert einen klaren Bedarf nach einem Beratungsangebot. Er schildert seine Ist-Situation und skizziert die Vision für den Ziel-Zustand.

Phase 4: Angebot
Der Kunde bittet um ein Beratungsangebot, dass die Ziele, Ergebnisse, Vorgehen, Zeitplanung und das Umsetzungsteam beschreibt und den Nutzen beim Übergang von Ist zum Ziel hervorhebt.

Phase 5: Projekt
Der Kunde erteilt dem Beratungsunternehmen den Auftrag, entscheidet sich für die Umsetzung des Projektes. Er empfängt daraufhin die vereinbarte Beratungsleistung.

Nach dem Projekt geht es bei anhaltendem Bedarf zurück in die Bedarfsphase, bei ausbleibenden Problemen und Zielen in die Beziehungsphase.


Vor- & Nachteile

Pro

  • Die Customer Journey hilft aus dem Blickwinkel des Kunden zu denken, seine Kaufentscheidungen nachzuvollziehen sowie die Interaktionen mit einem Unternehmen zu optimieren.
  • Seit den 2000er Jahren hat sich das Modell in vielen Unternehmen durchgesetzt und ist dort auch bekannt. Tech-Riesen wie Amazon, Meta oder Google waren für das Konzept die Vorreiter.
  • Ob alltägliche Kaufentscheidungen oder komplexe Beschaffungsprozesse – die Customer Journey ist vielfältig einsetzbar.

Contra

  • Das Auseinandersetzen mit Kunden und ihren Reisen bis Kaufentscheidung bedarf Zeit. Auch sind nur die wenigsten Berührungspunkte über Nacht etabliert bzw. angepasst.
  • Die Customer Journey beantwortet nicht die Frage, welche Berührungspunkte relevant sind und welche Anforderungen die Kunden an diese besitzen.
  • Das Konzept fokussiert auf den Berührungspunkt Kunde-Unternehmen und unterstützt nur indirekt bei der Entwicklung von Wertangeboten. Nutze hierfür beispielsweise das Value Proposition Canvas, den Strategy Canvas oder das Minimum Viable Product.

Praxistipps

Tipp 1 – Nur nachgefragte Kontaktpunkte etablieren

Einen Kontaktpunkt zu etablieren und zu betreiben verursacht wiederkehrend Kosten. Wiederum sind die Vorteile eines Touchpoints die Daten, die mittels diesen über den Kunden erhoben werden bzw. die Nähe, welche zum Kunden aufgebaut wird.

Jede einzelne Anforderung aller Berührungspunkte entlang der Kundenreisephase zu kennen, zu erfüllen oder gar zu übertreffen ist utopisch. Die Kunst besteht darin, die entscheidendsten Touchpoints zu identifizieren und an diesen den Kunden mit Übererfüllung der Anforderungen zu begeistern. Für den zweitrangige Kontaktstellen sollten hingegen zurückgefahren oder ganz eliminiert werden.

Bringe das Pareto Prinzip zum Einsatz. Fokussiere auf die wesentlichen 20 Prozent der Kontaktpunkte, die von 80 Prozent der Kunden nachgefragt werden.

Tipp 2 – Kunden an den Kontaktpunkten befragen

Frage die Kunden, an welchen Berührungspunkten noch nachjustieren werden darf oder wo das Unternehmen bereits über dem Standard liegt.

  • Was hält ein Interessent von einem Unternehmen?
  • Welche Aspekte des Produktes sind für den potentiellen Neukunden überzeugend?
  • Was stört einen Bestandskunden während der Service-Erbringung?

Übliche Mittel sind das Kundeninterview und der Feedbackbogen.

Tipp 3 – Kundenreise messen und mit Daten optimieren

Nutze Online Tools, Customer Relationship Management (CRM) Software und andere Tracking Tools, um die Kunden, ihre Reisephase sowie die Affinität zu den Touchpoints im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten systematisch zu vermessen.

  • Für welchen Berührungspunkt eignet sich welches Akquise Maßnahme besonders gut?
  • In welcher Reisephase springen welche Kundentypen warum ab?
  • Wie lange verbleibt ein Kunde in welcher Phase?

Leite aus den Daten Handlungen ab und optimiere stetig die Reise.

Tipp 4 – Person, Gemeinschaft und Umfeld einbeziehen

Ein Kunde besitzt Eigenheiten, geht beruflichen und privaten Aktivitäten nach, beschäftigt sich mit sich selbst. Zudem interagiert er mit Gemeinschaften wie der Familie, dem Freundeskreis, der Abteilung oder dem Sportverein. Schließlich ist er einem Umfeld ausgesetzt. Klopfe diese drei Zonen systematisch nach Touchpoints ab.

  • Auf welche Weise kann von einem neuen Produkt Mund-zu-Mund berichtet werden?
  • Wie kann ein Kunde von einer vor kurzem lancierten Dienstleistung aus seiner direkten Umgebung erfahren?
  • Was muss er selbst an Fähigkeiten und Wissen erlernen?

Leite auf diese Weise eine umfassendere Kundenreise ab.

Tipp 5 – Aktivitäten an Touchpoints optimieren

Was muss ein Kunde an den Touchpoints tun? Wo interagiert er mit Mitarbeitern? An welcher Stelle nutzt er ein automatisiertes IT-System?

Bestimme für jeden Touchpoint die erforderlichen Aktionen.

  • Aktivitäten, die Kunden ausführen (z.B. Produktsuche im Onlineshop)
  • Aktivitäten, die Mitarbeiter des Unternehmens durchführen (z.B. Produktberatung im stationären Geschäft)
  • Aktivitäten, die automatisiert durch ein System ausgeführt werden (z.B. Kuratieren der Artikeldetailseite)

Zeit, Geld, Nerven – Touchpoints kosten nicht nur das Unternehmen, sondern auch den Kunden. Überlege, wie Du die Aktivitäten aus Kunden- und Unternehmenssicht verbessern kannst.

Lesetipp

Philip Kotler, Hermawan Kartajaya und Iwan Setiawan beleuchten das Konzept der Kundenreise ausführlich in ihrem Buch Marketing 4.0 – Der Leitfaden für das Marketing der Zukunft*. Ihre Reise besteht aus fünf A-Phasen: Aware (aufmerksam machen), Appeal (anziehen), Ask (Nachfrage generieren), Act (kaufen) und Advocate (empfehlen).


Ursprung

Das Modell Customer Journey kommt aus dem Marketing. Der genaue Ursprung der Methode ist mir nicht bekannt. Gerne Deine Hinweise per E-Mail an mich.


Bonusmaterial

Michael Bernecker/Marketinginstitut: Customer Journey – Was ist eigentlich…? (3 min) – das Konzept der Kundenreise erklärt

Adobe DE: Customer Journey beim Autokauf (3 min) – Customer Journey beim Kauf eines Autos

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