Das RAID Log – Schwierigkeiten im Projekt aufdecken
Als Programmanager, Projektleiter oder Auftraggeber bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Womit erfassen wir strukturiert negative Faktoren auf unser frisch gestartetes Programm?
- Was Hilft uns wesentliche Störgrößen für das laufende Projekt im Blick zu behalten?
- Wie können wir die Top-Fallstricke einer Initiative anschaulich darstellen und kommunizieren?
Unterstützung findest Du im RAID Log und der damit verbundenen RAID Analyse.
Ergebnis: Störgrößen für ein Projekt identifiziert und Gegenmaßnahmen aufgesetzt
Teilnehmer: mind. 1 (besser: im Projektteam)
Dauer: ab 30 Minuten (je nach Projektgröße und Zahl der Teilnehmer)
Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand, Karten & Stifte oder Notebook & Office Software
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Zweck
Ein RAID Log hilft Dir bestehende Störungen und potentielle Bedrohungen in einem Projekt systematisch zu erfassen, zu sammeln und nachzuverfolgen. Die vier Buchstaben des englischen Akronyms stehen für die negativen Einflussgrößen auf ein Vorhaben: Risks, Assumptions, Issues und Depedencies, daher Risiken, Annahmen, Probleme und Abhängigkeiten.
Nutze das RAID Log zu Beginn und während eines Vorhabens und verschaffe Dir mit ihm Klarheit über akute oder mögliche Stolpersteine auf dem Weg zu den Projektzielen. Verwende das Konzept zudem als Erinnerungswerkzeug detektierte Störgrößen kontinuierlich nachzugehen und auszuräumen.
Synonyme für das RAID Log sind RAID Register, Issue Log oder Risk Log, teilweise auch mit einem trennenden Bindestrich.
Aufbau
RAID Log – „Welche Störungen und Bedrohungen ist das Projekt ausgesetzt?“
Im Zentrum des RAID Log stehen vier negative Einflussgrößen, die Du tabellarisch festhältst und systematisch nachverfolgst. Am besten Du notierst negative Punkte auf Karten. Diese lassen sich stapeln, verschieben und nachträglich vom RAID Log entfernen. Außerdem zwingen Karten aufgrund ihres eingeschränkten Platzes zur Prägnanz und Kürze.
Versehe Dein Register mit Meta-Infos, wie einem aussagekräftigen Titel, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.
Risks (Risiken) – „Welche Ereignisse könnten im Projekt zu Problemen führen?“
Mögliche Ereignisse, die – falls eingetreten – Dein Projekt negativ beeinflussen oder möglicherweise sogar gefährden. Ein Risiko kann eintreten, muss dies aber nicht tun.
- Was könnte im Worst-Case im Projekt passieren?
- Welches Risiken sind für diese Art von Projekt typisch?
- Gegen welche möglichen Geschehnisse sollten wir uns wappnen?
Risiken stellen eine Bedrohung für den Projekterfolg dar. Verfolge sie proaktiv mit Hilfe von Linderungsmaßnahmen.
Assumptions (Annahmen) – „Von welchen Gegebenheiten geht das Projekt aus?“
Prämissen über Ergebnisse, Vorgehen und Randbedingungen, die – falls sie wider erwarten nicht eintreten – Dein Projekt ausbremsen oder in Schieflage bringen. Eine Annahme sollte sich bewahrheiten, muss dies aber nicht tun.
- Welche Aspekte nehmen wir als gegeben an?
- Von welchen zeitlichen Randbedingungen gehen wir aus?
- Auf welchen organisatorischen Rahmenfaktoren basiert unsere Planung?
Projekte scheitern, weil (implizit) Annahmen getroffen wurden, die sich jedoch später als falsch herausstellen. Mache Dir diese potentielle Hindernisse bewusst und überlege, mit welchen Maßnahmen Du sie a priori entkräften oder vollständig auflösen kannst.
Issues (Probleme) – „Welche Herausforderungen sind bereits im Projekt?“
Bereits Eingetretene Schwierigkeiten, die Dein Projekt behindern.
- Was senkt nennenswert die Qualität unserer Projektergebnisse?
- Welche ungeplante Tatsache kostet wiederkehrend Zeit und Energie?
- Welcher Umstand behindert den Projektfortschritt?
Je nach seinem Hinderungsgrad, solltest Du ein Problem lindern oder ganz ausräumen. Ein Problem kann zu einer Katastrophe auswachsen. Den Entscheidungspunkt, ob das Problem sich verstärkt oder abgemildert/aufgelöst werden kann ist die Krise.
Dependencies (Abhängigkeiten) – „Von wem oder was hängt das Projekt ab?“
Bedingtheit des Projektes von externen Faktoren, Ereignissen oder Ergebnissen, die – falls sie sich nicht erfüllen, nicht starten bzw. nicht enden – zu Verzögerungen im Verlauf führen.
- Auf welche Zuarbeit von Parallelprojekten sind wir angewiesen?
- Welche externe Entscheidungen sind für den Projektfortschritt essentiell?
- Was ist die Schlüsselressource im Vorhaben?
Abhängigkeiten sind eine Sonderform des Risikos. Sie liegen außerhalb des Einflussbereiches des Vorhabens. Mache Dir Abhängigkeiten bewusst und versuche sie zu reduzieren oder komplett auszuschalten.
Anwendung
Als Projektleiter setzt Du das RAID Log für ein neues oder bereits in Umsetzung befindliches Projekt ein. Erarbeite den Initialstand in einem gemeinsamen Workshop mit Deinem Projektteam. Bei dieser sogenannten RAID Analyse geht ihr wie folgt vor:
1. Störgrößen bestimmen
Bestimmt nacheinander die Risiken, Annahmen, Probleme und Abhängigkeiten für den Verlauf sowie die Ergebnisse des Projektes. Nutzt Methoden wie die Five-Why Fragetechnik, das Ishikawa Diagramm oder die 6-W Fragetechnik um die Ursachen aufzuspüren und diese mit Maßnahmen zu adressieren.
2. Verantwortlichen benennen
Ein RAID Log ist nur dann wirksam, falls Ihr für jeden erfassten Punkt einen Kümmerer ernennt. Es gilt:
- Probleme sollten aktiv in Form einer Aufgabe beseitigt werden.
- Für Risiken, Abhängigkeiten und Annahmen solltet Ihr hingegen einen Maßnahmenplan skizzieren.
3. Register nutzen
Rufe als Projektleiter das RAID Log regelmäßig ins Gedächtnis. Gut geeignet sind Statusmeetings in denen Ihr das Register im Team aktuell haltet. Alternativ stellst Du das Register an einer prominenten Stelle im Büro auf.
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Beispiele
RAID Log für die Besteigung des Mont Blancs
Angenommen Du planst mit drei Wanderfreunden den höchsten Berg der Alpen – den Mont Blanc – zu besteigen. Im Vorfeld der Tour fertigst Du ein RAID Log an. Für die identifizierten Störgrößen setzt Du zudem Maßnahmen auf.
Vor- & Nachteile
Pro
- Das RAID Log ist einfach verständlich, rasch aufgesetzt und vielfältig im Management von Projekten einsetzbar.
- Projekteilnehmer zwingt das Werkzeug zur bewussten Auseinandersetzung mit Störgrößen für das Vorhaben.
- Aufgeschrieben und transparent – das Register erzeugt Kontrolle und Transparenz.
- Eingesetzt im Team, entwickeln die Teilnehmer mit Hilfe des RAID Logs ein gemeinsames Verständnis zu den wichtigsten Projektklippen.
Contra
- Das RAID Log bedeutet einmaligen Initiierungs- und wiederkehrenden Pflegeaufwand. Inhaltlich ändert sich im Projekt durch das Artefakt nichts.
- Falls Du bereits über ein aktives Risikomanagement und ein Problem Board verfügst, fällt der zusätzliche Mehrwert des Registers gering aus.
- Das Instrument macht keine Aussage darüber, wie Bedrohungen und Hindernisse identifiziert, priorisiert und behandelt werden sollten.
- Das RAID Log fokussiert ausschließlich auf Störgrößen und ignoriert Stärken, Chancen und Vorteile vollständig.
Praxistipps
Tipp 1 – Bei Zuordnung keine Haarspalterei betreiben
Manchmal fällt es schwer, einen störenden Einfluss in die richtige RAID Kategorie einzuordnen.
Ist „Der Projektleiter Herr Schmidt und die Auftraggeberin Frau Müller verstehen sich nicht gut.“ ein Problem oder ein Risiko?
Agiere pragmatisch. Im Zweifel gilt: Besser irgendwo einsortieren, als gar nicht.
Tipp 2 – RAID Log auf wesentliche Punkte begrenzen
Bei langen und vielschichtigen Projekten kann Dein RAID Log schnell zu einer gigantischen Liste anschwellen. Die anschließende Pflege versursacht hohen Zusatzaufwand.
Bevor das Register selbst zum Problem wird, verringerst Du den Detailgrad und lässt unbedeutende Störgrößen weg. Beschränke Dich auf die Top-5 Kandidaten je RAID Kategorie.
Falls es gar nicht anders geht, pflegst Du für jede Kategorie eine separate Liste. Beispielsweise legst Du eine Übersicht für Parallelprojekte, IT-Systemschnittstellen, Projektpartnern oder Gremien an.
Tipp 3 – Karten mit hilfreichen Zusatzinfos versehen
Erweitere die Ausdrucksstärke Deines RAID Logs, indem Du die Karten der Störgrößen mit Zusatzinfos versiehst. Einige Anregungen:
- Kartenfarbe – Kategorie einer Störgröße (z.B. silber – technisch, rot – organistorisch, schwarz – prozessual)
- Kartenrand – Schadensmaß einer Störgröße (z.B. dick – hoch, mittel – mittel, dünn – kaum)
- Namen – Verantwortlicher für Beseitigung oder Überwachung einer Störgröße
- Datum – Detektion oder Frist zur Eliminierung einer Störgröße
Tipp 4 – Bestandteile von RAID umwidmen
Großer Vorteil des Akronyms RAID ist die einfache Merkbarkeit. Scheue nicht davor zurück die Bestandteile des Registers umzuwidmen, falls dies für Dein Projekt sinnvoll ist. Typische Alternativnutzungen sind:
- Actions (statt Assumptions): Aufgaben im Projekt
- Decisions (statt Dependencies): notwendige Entscheidungen für den Projektverlauf
Tipp 5 – Abhängigkeiten gezielt managen
Jeff Bezos, Gründer des Tech-Unternehmen Amazon, empfahl 2003 in einem S-Team Meeting drei Schritte zum Managen von Abhängigkeiten:
- Übernimm die Abhängigkeit selbst, wann immer dies möglich ist. Dann musst Du Dich auf keinen anderen verlassen.
- Handle eindeutige Zusagen mit den abhängigen Partnern aus.
- Schaffe Absicherungen, wo immer möglich. Entwickle einen Notfallplan.
Wasserdichte Verträge, aktive Kommunikation sowie Risikomanagement sind drei Maßnahmen mit Abhängigkeiten zurechtzukommen. Demonstriere, dass Du überdurchschnittliches geleistet die Abhängigkeit zu reduzieren.
Ursprung
Das RAID Log ist ein Instrument des Projektmanagements. Mir ist keine Person bzw. Institution bekannt, die das Konzept entwickelt bzw. populär gemacht hat.
Bonusmaterial
Online PM Courses – Mike Clayton: What are RAID, CAD, and DCARI? (4,5 min) – das Konzept im Videoclip erklärt
- Thomas Wuttke: Die Projektkrise meistern und abwenden (19,5min) – Unterscheidung zwischen Abhängigkeit, Risiko, Problem, Krise und Katastrophe
„Wenn du eine Sache gut erledigt haben möchtest, erledige sie selbst.“
– Napoleon Bonaparte, französischer General, Diktator und Kaiser
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