Unternehmensberatung ist nicht gleich Unternehmensberatung. Wie in jeder Wirtschaftsbranche gibt es auch bei den Consulting Firmen kleine und große Vertreter, regionale Spezialisten sowie globale Alleskönner. Doch welcher Typ von Beratung passt zu welchem Typ von Berater?

Als Orientierungshilfe für Deinen Weg zum erfolgreichen Consultant zeige ich Dir in diesem Beitrag die wichtigsten Unterschiede zwischen den Unternehmensberatungen. Weiter erfährst Du, welche Art von Consultancy aktuell am besten zu Dir passt.


Unternehmensberatung ≠ Unternehmensberatung:
Die verschiedenen Typen von Consulting Firmen

Falls Du glaubst, alle Unternehmensberater bewegen sich ausschließlich auf Top-Managementebene und beraten in strategischen Fragestellungen, dann muss ich Dich bereits zu Beginn des Beitrags enttäuschen. Nur wenige Unternehmensberatungen zählen tatsächlich zu den klassischen Strategie- & Managementberatungen. Vielmehr fächern sich die verschiedenen am Markt agierenden Typen von Beratungen auf.

In nachfolgender Abbildung habe ich die verschiedenen Formen als Morphologischen Kasten dargestellt. Dazu spanne ich einen Raum entlang mehrerer Kriterien auf und definiere die verschiedenen Ausprägungen. In gelb die Charakteristika meiner Beratung Stand Anfang 2019.

Unternehmensberatung
Morphologischer Kasten für Typen einer Unternehmensberatung

Im Kern eint die Consultancies dasselbe Geschäftsmodell. Die konkrete Ausgestaltung insbesondere der Zielkunde und des Wertangebots sowie damit der Belegschaft und der Unternehmenskultur unterscheidet sich jedoch. Bevor Du Dich daher unvorbereitet beim ersten Beratungshaus um eine Einstellung bewirbst, solltest Du prüfen, ob diese Art von Consulting überhaupt zu Dir passt. Mit der nachfolgenden Systematisierung möchte ich Dir dabei helfen.


Kriterium #1 – die Größe des Beratungsunternehmens

Große Unternehmensberatungen

Internationale Projekte in globalen Konzernen ist der Wirkungsbereich großer Unternehmensberatungen. Wie ihre Kunden sind sie weltweit vertreten, beraten mit einem operativen, taktischen sowie strategischen Fokus in verschiedenen Themen. Anders als ihre kleineren Vertreter besitzen sie definierte Hierarchien mit einem professionellen und anonymen Arbeitsklima. Die personenstarken, heterogenen Beraterteams operieren weltweit und sind sehr reisewillig. Die Projekte sind meist Langläufer und bieten ausreichend Möglichkeit sich zu entwicklen.

Eine große Beratung kommt für Dich in Frage, falls Dir die Reputation Deines Arbeitgebers wichtig sind und Du mit internen politischen Gerangel in Konzernstrukturen umgehen kannst (bzw. willst). Gerade während oder direkt nach dem Universitäts- oder Hochschulabschluss empfehle ich, erste Berufserfahrung in einem renommierten international bekannten Consultancy zu sammeln. Zwischen 2 bis 3 Jahren bei einer großen Beratung – das hat Signalwirkung auf alle weiteren Arbeitgeber. In Deiner Laufbahn kannst Du dann immer auf Deine Schaffenszeit bei diesem Global Player verweisen und mit seiner Marke für Dich werben.

Stehst Du am Anfang Deiner Beratungskarriere und fühlst Dich in großen Organisationen wohl?
Dann solltest Du bei einer großen renommierten Beratungsfirma anheuern!


Kleine & mittlere Unternehmensberatungen

Mit einem spezialisierten Produkt- & Dienstleistungsportfolio beraten kleine bis mittlere Consulting Firmen primär Kunden aus mittelständischen und großen Unternehmen. Flache Hierarchien, ein familiäres und persönliches Arbeitsklima sowie kompakte pragmatisch denkende Projektteams zeichnen diesen Unternehmenstypen aus (siehe Webtipp). Eine einstellige Zahl von Niederlassungen sowie regionale und nationale Consulting Mandate garantieren Dir oftmals eine moderate Reisetätigkeit.

Persönlich bevorzuge ich kleine und mittelständische Beratungen, sogenannte Consulting Boutiquen. Hier zählt noch der einzelne Mitarbeiter, können neue Themen aufgebaut und mit dem Vorstand direkt in den Kontakt getreten werden. Der direkte Draht zu Kundenentscheidern wiederum ist keine schlechte Ausgangslage, falls Du planst nach einiger Zeit eine eigene kleine Beratung zu gründen.

Bist Du ein Unternehmertyp und Macher, möchtest jedoch gleichzeitig ein Unternehmen im Rücken haben?
Dann bist Du in einem der kleinen, flexiblen Consulting Häuser sehr gut aufgehoben!


Einpersonen-Unternehmensberatungen

Bis Du bereits seit einiger Zeit als angestellter Consultant unterwegs und möchtest frei und flexibel arbeiten dann kannst Du Deine eigene kleine Einpersonen-Beratung aufziehen (siehe Interview mit Jörg Schambach). Das Management von Mitarbeitern entfällt gänzlich. Stattdessen vertraust Du auf Dein Partnernetzwerk und einen Verbund von verlässlichen Dienstleistern. Die Betriebskosten fallen im Vergleich zu mittleren und großen Consultancies sehr gering aus, schließlich es nur wenige Dinge zu verwalten.

Die persönliche Freiheit und die maximale Partizipation an den Einnahmen hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Zum einen gehst Du volles Risiko. Als 1-Mann-Beratung bist Du für alle Aufgaben der Wertschöpfung selbst verantwortlich, ob Marketing, IT-Infrastruktur oder Vertrieb. Auch vergeben Kundenunternehmen nicht gerne herausfordernde – und meist lukrative – Projekte an einzelne Berater. Dieser könnte nämlich krank werden und skaliert bei wachsenden Arbeitsvolumen nicht.

Du willst maximale Flexibilität und Selbstbestimmtheit und besitzt bereits Consulting Erfahrung sowie ein breites Netzwerk?
Dann kannst Du auch Deine eigene kleine Consultancy aufbauen.


Kriterium #2 – das Beratungssegment

Strategie- & Managementberatungen

In kleinen, sehr hoch dotierten Teams unterstützen Strategie & Managementberatungen Kunden großer internationaler Unternehmen. Gedreht wird am großen Rad, strategische Fragestellungen rund um Marketing, Produktion, Logistik und Führung sowie zunehmend auch Digitalisierung und Informationstechnik (IT) stehen auf der Agenda der emsigen Consultants. Überhaupt liegen Eigen- und Fremdbild der Mitarbeiter dieser Consulting  Zunft sehr nahe beieinander: reisewillig, hochbelastbar und extrem ehrgeizig. Typische Kunden sind in Mega-Unternehmen und Konzernen angesiedelt. Ihre ambitionierten Tagessätze macht die Beratermannschaft, welche sich gern als Königsdisziplin des Consultings bezeichnet, mit einem hohen Arbeitseinsatz wett.

Bei einer Strategie- & Managementberatung scheiden sich die Geister. Die einen schwärmen von der steilen Lernkurve, dem Leben aus dem Koffer und den toughen Nächten im Office (siehe Interview mit Tobias Schütz). Andere sprechen von Ausbeutung, sinnlosen Folienschlachten und Burn-out nach nur einem einzigen Berufsjahr. Du solltest den Arbeits- und Lebensstil temporär mögen, falls Du Dich für mindestens 1 bis 2 Jahren für diesen Typ verpflichtest. Mein Fall war und ist dieser Beratungstyp nicht.

Möchtest Du für einige Zeit Vollgas geben und lernen was die Wirtschaft und Manager am rotieren hält?
Dann empfehle ich ein Ticket für eine Strategie- & Managementberatung zu lösen.


Organisationsberatungen

Bei Organisationsberatung bzw. Change Beratung steht der Mensch als wichtiges Element eines Unternehmens im Vordergrund. Typische Projekte sind in der Steuerung eines Unternehmens, der Mitarbeiterführung sowie der Personalentwicklung angesiedelt. Organisationsberatungen müssen nicht sehr groß sein. Bereits kleine spezialisierte Häuser begleiten in Fragen der Organisationsentwicklung, Kommunikation, Leadership, Systemisches Coaching und Personalwesen (siehe Interview mit Florian Grolman).

2016 entschied mein Münchner Arbeitgeber ein Tochterunternehmen mit dem Fokus auf Organisationsberatung zu gründen. Hintergrund war der am Markt wahrgenommene wachsende Bedarf nach Coachings und Trainings von sich agil aufstellenden Organisationen. Als Mitarbeiter dieses Consulting Typus liebst Du die Arbeit mit, für und am Menschen. Mit Methoden, Modellen und Einfühlungsvermögen bringst Du Organisationen dazu, sich langsam aber stetig zu wandeln.

Der Mensch steht für Dich im Mittelpunkt des Unternehmens?
Wirf einen Blick auf spannende Organisationsberatungen.


Prozess- & IT-Beratungen

Automatisierung und Optimierung von Geschäftsabläufen ist der zentrale Tummelplatz von Prozess- & IT-Beratungen. Fokussiert auf die geschäftliche und/oder technischen Aspekte eines Unternehmens, handeln die Mitarbeiter dieses Typus von Unternehmensberatung als Experten. Diese Spezialisierung ermöglicht insbesondere auch kleineren Spielern sich erfolgreich in einer Consulting Nische zu platzieren und zu behaupten.

Bewirbst Du Dich bei einem kleineren Consulting-Haus, wirst Du höchstwahrscheinlich in Prozess- bzw. IT-Themen beraten. Dabei ist dein Aufgabenfeld keineswegs eng. So kannst Du Dich beispielsweise auf eine nachgefragte Technologie spezialisieren, Fachexperte für geschäftskritische Prozesse werden oder auch genau wie ich an der Schnittstelle zwischen Business und Informationstechnik wirken. In Zeiten digitaler Transformationen ein spannendes Tätigkeitsfeld. So wirke auch ich seit 2008 in Prozess- & IT-Beratungen als Business Analyse an der Schnittstelle von Fach- und IT-Abteilungen.

Als Wanderer zwischen den Welten arbeitest Du gerne sowohl in fachlichen als auch technischen Themen?
Eine Prozess- bzw. IT-Beratung sollte genau das Richtige für Dich sein.


Full-Service-Beratungen

‚Alles aus einer Hand‘ lautet das Motto sogenannter Full-Service-Beratungen. Als Vollanbieter deckt dieser Beratungstyp das gesamte Consulting Spektrum ab. Angefangen mit der Strategieentwicklung bis zum Betrieb der entwickelten Softwarelösungen. Historisch sind Full-Service-Beratungen meist aus IT-Unternehmen oder Wirtschaftsprüfungen hervorgegangen (siehe Interview mit Torsten Alberti). Mit ihrem breiten Leistungsspektrum agieren sie weltweit in eher langfristigen Großprojekten bei internationalen Kunden.

Ist Dein Arbeitgeber eine Full-Service-Beratung, dann gehört er sicherlich zu einem der größeren Vertreter der Branche. Es gelten damit alle Vor- und Nachteile einer großen Unternehmensberatung: breites Tätigkeitsspektrum vor internationaler Kulisse bei Anonymität und Austauschbarkeit. Für die ersten Berufsjahre und die steile Lernkurve sicherlich keine schlechte Wahl.

Du möchtest Berater werden, bist aber noch nicht sicher welcher Themenbereich Dir letztlich zusagt?
In einer Full-Service-Beratung bist Du für den beruflichen Start gut aufgehoben.


In welchen Typ von Unternehmensberatung bist Du beschäftigt?

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Kriterium #3, #4,… – weitere Unterscheidungskriterien

Spezialisierung nach Branche

Ein weiteres Differenzierungsmerkmal einer Unternehmensberatung liegt in ihrer Branchenspezialisierung. Diese hängt wiederum von ihren Kunden ab. So berät mein Arbeitgeber hauptsächlich in der Automobil- und Zulieferindustrie. Andere Consulting Firmen haben ihren Markt beispielsweise in der Chemie-, Energie- oder Finanzbranche.

Ist Dein Arbeitgeber auf eine bestimmte Branche spezialisiert, bringt Dir das Vor- und Nachteile. Einerseits profitierst Du von den profunden Fachwissen und Erfahrungen, meist kann Dein Unternehmen für Dich einen höheren Tagessatz abrufen. Andererseits ist das Wohlergehen Deiner Firma und Dir fest an das der Branche gebunden. Ich empfehle Dir eine Beratung mit zwei Branchen zu suchen: einer Haupt- und einer Nebenbranche. In Krisenzeiten bleibst Du und Dein Arbeitgeber somit weiterhin im Spiel.

Eine bestimmte Industrie liegt Dir am Herzen und Du konntest bereits viel Fachwissen aufbauen?
Dann bewirb Dich bei solchen Beratungen, die sich auf eine bestimmte Branche spezialisiert hat.


Spezialisierung nach Unternehmensfunktion

Schließlich können Consulting Firmen nach der Unternehmensfunktion unterschieden werden für welche sie beraten. So kann sich eine Beratung beispielsweise ausschließlich auf die Produktionsoptimierung konzentrieren, für diese Funktion von Strategie bis Umsetzung alles anbieten. Weitere Funktionen wären Marketing, Vertrieb, Forschung & Entwicklung etc..

Was für die Branche gilt, gilt auch für die Funktion: Je umfangreicher Deine Spezialisierung bzw. die Deines Arbeitgebers ausfällt, desto größer Euer Expertenstatus. Desto geringer aber auch die Flexibilität. Daher: wähle eine Beratung mit mindestens zwei Unternehmensfunktionen. Je unabhängiger diese sind, desto besser.

Ein spezifischer Bereich im Unternehmen hat es Dir angetan?
Dann halte nach solchen Beratungen Ausschau, die für diese Funktionen Consulting Leistungen anbieten.


Sonderform Inhouse Consulting

Eine Spezialform der Consulting Firma ist das Inhouse Consulting. Die Grundidee ist, dass interne Berater – die Inhouse Consultants – als festangestellte Mitarbeiter das eigene Unternehmen in Projekten beraten. Neben ihrem Arbeitgeber unterstützten Inhouse Berater zunehmend auch assoziierte Unternehmen (Tochterfirmen, Holding, Unternehmensgruppe, etc.), Partnerorganisationen sowie Lieferanten und Kunden.

Aus meiner Erfahrung ist die Arbeit eines internen Consultants zu dem von externen Beratungen sehr ähnlich. Im Dialog mit Inhouse Consultants berichteten diese mir von typischen Consulting Aufgaben im Prozess- und IT-Management. Auch bezüglich des Arbeitspensums konnte ich keine Unterschiede zwischen hauseigener und -fremder Beratung feststellen. Je nach Team, Projekt und Kunde, konnte ein Arbeitstag regulär nach 8 Stunden zu Ende gehen oder die ganze Nacht andauern.

Du planst mittelfristig eine Karriere im Konzern, möchtest zuvor jedoch an mehreren Stationen im Unternehmen Erfahrung sammeln?
Dann solltest Du Inhouse Consulting genauer in Augenschein nehmen.


Sonderform Produkt Consulting

Gerade mittlere und große Tech-Firmen bieten ihren Kunden für ihr Produktportfolio zusätzlich Beratungsleistungen an. In der Regel sind die Produkte erklärungsbedürftig bzw. müssen erst in die Prozess- und IT-Landschaft des Kunden integriert werden. Es sind die Consultants, welche diese Adaptions-, Konfigurations- und Customizing-Aktivitäten begleiten und ausgestalten.

Großer Vorteil dieses Typus: Als Berater unterstützt Du zu einem konkreten Produkt. Zudem bieten sich Dir im Unternehmen meist zahlreiche Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Nachteil ist die interne und externe Wahrnehmung. So könnten Dich Kunden und Kollegen als Vertriebshelfer für das Produkt und nicht als Trusted Advisor auf der Suche nach der besten Lösung sehen.

Du möchtest neben Beratungsleistung die Entwicklung von konkreten Produkten vorantreiben?
Dann empfehle ich bei den großen Hard- und Softwarefirmen nach Beratungseinheiten zu schauen.


Fazit

Als ich mich Anfang 2008 entschied eine Beraterlaufbahn einzuschlagen, hatte ich keine Vorstellung, welche unterschiedlichen Typen von Unternehmensberatungen eigentlich am Markt existieren. Über 11 Jahre später sind mir die verschiedenen Formen klar.

Als Junior Consultant solltest Du bereits während Deiner Ausbildung antesten, welche Beratung die Richtige für Dich ist. Praktikas, Karrieremessen und Consulting Events helfen Dir, den perfekten Beratungstyp für Deine Person aufzuspüren.


Bonusmaterial

IUBH Fernstudium: Business Consulting I – Lektion 2: Formen und Funktionen der Unternehmensberatung – eine alternative Systematisierung der Beratungen nach Walger, dem Bundesverband deutscher Unternehmensberater sowie die Beratungsformen nach Anbietern


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