Beziehungsdiagramm

Das Beziehungsdiagramm – Ursachen-Wirkungen visualisieren

Als ProjektleiterManager oder Problemverantwortlicher bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Worin bestehen die Ursachen und deren Kausalbeziehungen für ein aufgetretenes Problem?
  • Welches sind wichtige, welches weniger wichtige Gründe und Effekte einer Situation?
  • Wie stehen die Faktoren eines multifaktorielles Problems miteinander in Beziehung?

Unterstützung findest Du im Beziehungsdiagramm erstellt auf Basis einer Beziehungsanalyse.


Ergebnis: Ursache-Wirkungszusammenhänge für ein vielschichtiges Problem visualisiert und verstanden

Teilnehmer: mind. 1

Dauer: mind. 30 min (je Anzahl Elemente und Verbindungen)

Utensilien: Whiteboard/Flipchart/Metaplan-Wand & Stifte oder Notebook & Office Software


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Zweck

Mit einem Beziehungsdiagramm erfasst, dokumentierst und analysierst Du visuell die Ursachen-Wirkungszusammenhänge eines (meist vielschichtigen) Problems. Das Werkzeug unterstützt Dich sowohl offensichtliche als auch versteckte Verbindungen zwischen den Faktoren eines Ist-Zustands transparent zu machen und Änderungsmaßnahmen abzuleiten.

Synonyme für das Beziehungsdiagramm sind Relationsdiagramm, Netzwerkdiagramm, Digraph oder die englischen Bezeichnungen Interrelationship Diagram, Network Diagram, Mutiple Cause Diagram bzw. Relations Diagram.


Aufbau

Beziehungsdiagramm – „Was sind Ursachen und Symptome eines Problems?“

Ein Beziehungsdiagramm besteht aus einer Problemaussage sowie den damit verbundenen Elementen und ihren Beziehungen. Die Elemente sind als Rechtecke dargestellt, Beziehungen mittels gerichteten Pfeilen.

Versehe Dein Beziehungsdiagramm mit Meta-Infos wie dem Problem, den verantwortlichen Autoren sowie das Datum der letzten Aktualisierung.

Beziehungsdiagramm
Struktur und Elemente des Beziehungsdiagramms

Problem – „Worin besteht die Herausforderung?“

Notiere als Überschrift Deines Beziehungsdiagramms in einem Satz das Problem, am besten als Zustandsbeschreibung. Achte auf ein gemeinsames Verständnis und einen abgestimmten Betrachtungsbereich.

Elemente – „Welche Faktoren sind für das Problem relevant?“

Die als Rechtecke (auch Knoten) dargestellten Elemente sind alle für das Problem relevanten Faktoren. Unterscheide bei den Elementen Deines Beziehungsdiagramms zwischen…

  • Symptomen (engl. Effect), daher den Auswirkungen, Konsequenzen, Effekten bzw. Indikatoren des Problems,
  • Ursachen (engl. Cause), daher Gründe bzw. Bedingungen für das Auftreten des Problems,
  • Hauptursachen (engl. Root-Cause), daher die zentralen Gründe bzw. Haupttreiber für das Problem.

Formuliere die Elemente einheitlich entweder als Zustandsbeschreibung (z.B. ‚Personal fehlt‘) oder als Attribut-Substantiv-Wortgruppe (z.B. ‚veraltetes Betriebssystem‘). Achte auf Prägnanz und Eindeutigkeit.

(Kausal-)Beziehungen – „In welcher Wechselwirkung stehen die Problemelemente?“

Verbinde die Elemente Deines Beziehungsdiagramms mit Pfeilen (auch Wirkungspfeile bzw. Kanten). Die Hauptursache verweist dabei auf die Ursachen, die wiederum auf weitere Folgeursachen oder Symptome zeigen.

Korrekt modelliert, sollten

  • von den Hauptursachen ausschließlich Pfeile weggehen,
  • auf Symptome ausschließlich Pfeile zeigen.

Je mehr Pfeile von einer Ursache weggehen, desto wichtiger ist diese. Andersherum wächst die Bedeutung eines Symptoms mit der Zahl der eingehenden Pfeile. Ein Pfeilzyklus zwischen zwei oder mehreren Elementen weist auf eine (meist nachteilige) wechselseitige Abhängigkeit hin. Elemente ohne ein- bzw. ausgehende Pfeile – sogenannte Waise – solltest Du hinterfragen.


Anwendung

Ein Beziehungsdiagramm entsteht im Rahmen der Beziehungsanalyse. Gehe dazu allein oder im Rahmen eines Team-Workshops wie folgt vor.

1. Problem & Elemente definieren

Notiere das abgestimmte Problem über Dein Beziehungsdiagramm. Nutze anschließend Kreativitätstechniken wie Brainstorming zur Identifikation relevanter Elemente. Trenne zwischen Sammel- und Bewertungsphase.

Halte die Elemente auf Moderationskarten fest. Somit lassen sich diese nachträglich verschieben, stapeln und auch wieder von der Arbeitsfläche entfernen. Vermeide die Überlastung des Beziehungsdiagramms mit zu vielen nebensächlichen Informationen und fokussiere auf die wichtigsten Elemente.

2. Beziehungen ausprägen

Gehe einzeln durch jedes Element und stelle zwei Fragen:

  • Welches anderer Element hat auf das Element einen Einfluss?
  • Auf welche anderen Elemente hat das Element einen Einfluss?

Für die erste Frage zeichnest Du eingehende Pfeile zum, für die zweite ausgehende Pfeile vom Element zu seinen Nachbarn ein.

Optimiere das Beziehungsdiagramm auf Lesbarkeit, indem Du stark vernetzte Elemente mittig anordnest.

3. Beziehungsdiagramm nutzen

Interpretiere das resultierende Beziehungsdiagramm.

  • Welches sind die Symptome für das Problem?
  • Was sind wichtige Ursachen?
  • Worin besteht die Hauptursache?

Nutze das Diagramm und setze Änderungmaßnahmen auf, das Problem und seine Ursachen zu eliminieren. Maßnahmen können Verhaltensänderungen, Aufgaben oder ganze Projekte sein.

Aktualisiere die Darstellung, mit neuen, geänderten oder entfernten Elemente und Beziehungen nach Maßnahmenumsetzung.



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Beispiele

Beziehungsdiagramm für fehlerbehaftetes E-Mail-Marketing

Angenommen das Marketing eines B2C Unternehmens stellt fest, dass die wöchentlichen Newsletter nicht rechtzeitig an die Endkunden verschickt werden. Nach einer Brainstorming-Sitzung identifiziert das Team fünf relevante Faktoren. Schrittweise kristallisiert sich unteres Beziehungsdiagramm heraus.

Wie Du erkennst…

  • liegen die Hauptursachen in den ‚Geringen Gehälter‘ und dem ‚Veraltetes Betriebssystem‘,
  • sind ‚Verzögerungen bei Datenbankexport‘ die beobachtbaren Symptome und
  • zählen ‚Knappheit an Personal‘ und ‚Falsche Zeitplanung‘ zu den Ursachen.
Beziehungsdiagramm
Beispiel für ein Beziehungsdiagramm ‚Unpünktlicher Versand der Newsletter‘

Vor- & Nachteile

Pro

  • Das Beziehungsdiagramm ist eine einfach lesbare und rasch erfassbare Darstellungsform. Schnell auf Flipchart oder Whiteboard skizziert, ist es auch für Modelllaien unmittelbar verständlich.
  • Der Diagrammtyp verdeutlicht die vielschichtigen Wechselwirkungen zwischen den Problemfaktoren. So führt eine Ursache meist zu einer Vielzahl von Folgeursachen und Symptomen, ist ein Symptom die Konsequenz aus mehreren Ursachen.
  • Ob für Probleme in den Geschäftsprozessen, IT-Systemen oder Organisationsstrukturen – das Beziehungsdiagramm lässt sich flexibel einsetzen und bei Bedarf erweitern.
  • Anders als der Issue Tree oder das Ishikawa Diagramm regt ein Beziehungsdiagramm das Denken in verschiedene Richtungen an. Symptome und Ursachen werden nicht linear, sondern im Netzwerk identifiziert.

Contra

  • Ein Nachteil von Beziehungsdiagrammen liegt in ihrem statischen Charakter. Agierst Du in einem volatilen Umfeld in denen sich Ursachen, Symptome und ihre Verbindungen dynamisch ändern, dann der Visualisierungstyp ungeeignet.
  • Die Ausdrucksstärke des Beziehungsdiagramms ist begrenzt. Weder beleuchtet der Darstellungstyp die Wichtigkeit einer Ursache für ein Symptom bzw. eine Folgeursache, noch wird zwischen festen bzw. temporären Wechselbeziehungen unterschieden.
  • Ob zu detailliert oder zu abstrakt – den richtigen Detaillierungsgrad mit einem Beziehungsdiagramm zu treffen erfordert Übung und enge Abstimmung mit den Empfängern. Beides kostet Zeit und erfordert Engagement.
  • Das Beziehungsdiagramm hilft Dir weder ein Problem-Ursachen-Zusammenhang zu belegen, noch eine passende Ursachenabstellungsmaßnahme zu definieren. Nutze für ersteres Methoden wie die Testkarte, für letzteres das QHAR Prinzip.
  • Die Technik eignet sich nur für die Analyse von Problemen, die bereits aufgetreten sind. Für in der Zukunft liegende Kann-Probleme, wie bei der Risikoanalyse, ist das Beziehungsdiagramm ungeeignet.

Praxistipps

Tipp 1 – Ausdrucksstärke visuell erhöhen

Werte die Ausdrucksmächtigkeit Deines Beziehungsdiagramms auf, indem Du dieses visuell anreicherst. Einige Anregungen:

  • Färbe die Elemente ein – grün ist das Symptom, orange die Ursache und rot die Hauptursache.
  • Gruppiere Elemente – Beispielsweise stehen technische Ursachen links und organisatorische rechts im Beziehungsdiagramm.
  • Ergänze Pfeilzahl – in jedem Element steht die Zahl der eingehenden und ausgehenden Pfeile.
  • Bewerte die Beziehungen – durchgestrichene Pfeile stehen für bestätigte, gestrichelte für offene Ursache-Wirkungszusammenhänge.
  • Wichte die Beziehungen – dicke Pfeile stehen für einen Starken Zusammenhang von Ursache und Wirkung, dünne Pfeile für zu vernachlässigende Beziehungen.
  • Füge Beschriftungen ein – Füge Notizen an Elementen und Beziehungen ein und gib dem Leser dadurch zusätzlichen Interpretationskontext.

Ergänze das Diagramm mit einer passenden Legende, um Missverständnisse und Fehlinterpretationen auszuräumen.

Tipp 2 – Bei verknüpften Problemen einsetzen

Beziehungsdiagramm, Issue Tree oder Ishikawa Diagramm – alle drei Tools eigenen sich für die visuelle Ursachenanalyse. Bevorzuge das Beziehungsdiagramm, falls…

  • die Ursachenkategorien nicht im Vorfeld feststehen,
  • Unklarheit besteht, ob es sich bei den Faktoren um Ursachen oder Symptomen handelt oder
  • Elemente in einem Netzwerk, statt einer Hierarchie miteinander in Beziehung stehen.

Bei allen drei Diagrammtypen hilft Dir die Five-Why Fragetechniken in der Unterscheidung zwischen Ursache und Wirkung.

Tipp 3 – Für die Modellierung von Zielen nutzen

Analog dem Ishikawa Diagramm kannst Du das Beziehungsdiagramm auch für die Modellierung von Zielen und Maßnahmen einsetzen. Notiere das Ziel als Überschrift. Ergänze dann als Elemente die Zustände, Maßnahmen oder Ergebnistypen. Verbinde schließlich die Elemente untereinander.

  • Ein Pfeil zeigt hin auf ein Element, sobald dieses Input erhält.
  • Ein Pfeil zeigt weg von einem Element, sobald dieses einen Beitrag liefert.

Das resultierende Beziehungsdiagramm kannst Du anschließend zum Zieldiagramm verfeinern.

Tipp 4 – Mit Wirkungszahlen Elemente quantifizieren

Bestimme durch die Wirkungszahl – die Anzahl ausgehender minus eingehender Pfeile – den Aktivitätsgrad eines Elements.

  • Ein aktives Element hat mehr ausgehende als eingehende Pfeile, die Wirkungszahl ist positiv.
  • Ein passives Element hat weniger ausgehende als eingehende Pfeile, die Wirkungszahl ist negativ.

Das Ergebnis kannst Du weiter ausdifferenzieren, indem Du die Pfeile bezüglich ihrer Stärke bewertest. Auch lässt sich nun zwischen Ursachen 1., 2. und 3. Ordnung unterschieden, je nachdem, wie direkt der Einfluss auf das Problem ist.


Ursprung

Das Beziehungsdiagramm spielt im Qualitätsmanagement eine zentrale Rolle. So ist das Werkzeug ebenfalls Bestandteil des Six Sigma Managementsystems.


Bonusmaterial

Krishnamurty Pammi: Interrelationship diagram using an example (8 min) – das Beziehungsdiagramm an einem Beispiel erklärt

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