Die Problembeschreibung – Hürden aus Kundensicht zerlegen
Als Projektleiter, Manager oder Analyst bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Womit können wir ein Problem aus Kundensicht beschreiben?
- Nach welcher einheitlichen Textstruktur lassen sich Herausforderungen definieren?
- Wie verhindern wir ein vorschnelles Denken in Lösungen?
Unterstützung findest Du in der Problembeschreibung und der strukturierten textuellen Spezifikation eines Problems.
Ergebnis: Probleme aus Kundensicht definiert und reflektiert sowie erste Lösungen erarbeitet
Teilnehmer: mind. 1 Person (besser im Team)
Dauer: ab 15 Minuten (je Umfang des Problems und Zahl der Teilnehmer)
Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand, Stifte & Moderationskarten oder Notebook & Office Software
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Zweck
Eine Problembeschreibung hilft Dir eine Herausforderung aus Sicht des Kunden, Nutzers bzw. Akteurs zu definieren und zu reflektieren, bevor Du nach geeigneten Lösungen suchst. Das Problem kann dabei beliebig sein, zum Beispiel einen Geschäftsprozess, ein IT-System, ein Produkt, einen Service, ein Projekt oder einen anderen Sachverhalt im Unternehmen betreffen.
Die Problembeschreibung gibt verbalen sowie schriftlichen Herausforderungen eine einheitliche Struktur. Zudem zwingt Dich die Technik zunächst die Schwierigkeiten genauer zu verstehen, bevor Lösungen in Angriff genommen werden.
Synonyme für die Problembeschreibung sind Problemaussage, Problemdefinition, Problemstellung oder das englische Problem Statement.
Aufbau
Bevor Du ein Problem lösen kannst, muss Klarheit darüber bestehen was das eigentliche Problem ist. Die Problembeschreibung unterstützt Dich dabei. Die Technik unterscheidet zwischen Problemdefinition und Problemreflexion.
Problemdefinition – „Was macht die Herausforderung aus?“
Untergliedere zunächst ein personenspezifisches Problem in fünf Einzelteile. Orientiere Dich dabei an der Satzschablone „Ich bin…und versuche…aber…weil…in Folge….“.
- Akteur („Ich bin…“): die Person mit dem Problem, neudeutsch der Problem Owner
- Aktion („…und versuche…“): das Ziel, der Bedarf, die Tätigkeit, der Wunsch oder die Aufgabe dieses Akteurs
- Einschränkung („…aber…“): das Hindernis, der Stolperstein bzw. die Schwierigkeit bei der Aktion
- Begründung („….weil…“): die zu Grunde liegende Ursache für die Einschränkung
- Konsequenzen („…in Folge…“): die mit der Einschränkung verbundenen rationalen und emotionalen Folgen für den Akteur, daher alles, was das Problem real und präsent macht
Am besten Du nutzt eine Tabelle in der jede Spalte für ein Problembestandteil steht. In den Zeilen sammelst Du alle Probleme, entweder für denselben Akteur bei unterschiedlichen Situationen bzw. Zeitpunkten oder für verschiedene Akteure.
Problemreflexion – „Wie ist die Herausforderung zu interpretieren?“
Analysiere jedes spezifizierte Problem auf Basis von Reflexionsfragen.
- Worin besteht das grundlegende Problem?
- Wie sieht der Ziel-Zustand ohne dem Problem aus?
- Worin liegen die Vorteile des Ziel-Zustands?
- Was passiert, falls das Problem nicht gelöst wird und der Ist-Zustand fortbesteht?
- Mit welchen Lösungen und Stakeholdern könnte vom Ist- zum Ziel-Zustand gelangt und das Problem gelöst werden?
Achte auf Muster von wiederkehrenden Problemen. Formuliere zudem Lösungsideen als Substantive.
Anwendung
Die Problembeschreibung kannst Du wahlweise solo für Dich oder im Team einsetzen. Achte bei der Anwendung in der Arbeitsgruppe auf ein ausgewogenes Teilnehmerfeld. Unterschiedliche Personen bringen ihre Perspektive und Erfahrungen zum Problem ein. In der Regel bereichert dies die Problembeschreibung. Gehe bei einem Workshop wie folgt vor:
1. Sitzung vorbereiten
Beschreibt den Betrachtungsraum und erkläre die Methode. Gebe zudem Antworten auf die drei Fragen:
- Wer sind die Akteure?
- Weshalb ist es wichtig die Probleme zu finden und beschreiben?
- Warum wurde bisher noch nichts unternommen?
Lege zudem geographische, zeitliche, organisatorische, technische etc. Schwerpunkte fest.
2. Problembeschreibungen erarbeiten
Überlegt Euch Probleme der Akteure. Nutzt dazu Kreativtechniken wie das Brainstorming oder die 6-3-5 Methode. Zerlegt das Problem und entwickelt für jede Herausforderung eine eigenständige Problembeschreibung.
3. Problembeschreibungen reflektieren
Geht nacheinander durch die Problembeschreibungen und analysiert diese mit Hilfe der Reflexionsfragen. Nutzt ebenfalls die Zeit um Fragen zu klären und bei Bedarf zu präzisieren.
4. Probleme priorisieren
Priorisiert nun die wichtigsten Problembeschreibungen, die von Euch weiter berücksichtigt werden sollten. Nutzt dazu Techniken wie die Ideenbewertung.
5. Maßnahme beschließen
Legt gemeinsam die nächsten Schritte fest.
- Ist eine vertiefende Recherche zu den Akteuren sinnvoll?
- Sollten besser weitere Probleme gesammelt bzw. bestehende vertieft werden?
- Ist es vielmehr sinnvoll, weitere Lösungsideen zu brainstormen?
- Oder sind die Ergebnisse reif mit anderen Stakeholdern geteilt zu werden, um zu sehen, wie sie ankommen?
Für jede Maßnahme ernennt ihr einen Verantwortlichen und eine Frist.
Beachte, dass der Prozess und die Diskussion, die sich bei der Umsetzung der Technik
ergeben oft wichtiger sind als die perfekt formulierten Problembeschreibungen.
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Beispiele
Entwicklung einer Präsentation für den Steuerkreis
Du bist Unternehmensberater und hast die Aufgabe eine Präsentation für den Steuerkreis zu entwickeln. Dein Problem: Bisher hast Du noch nie Folien für das Management konzipiert. Und: Der Steuerkreis tagt bereits in zwei Tagen.
Zerlegt mit der Problembeschreibung könnte Deine aktuelle Herausforderung wie folgt aussehen:
Du analysierst Deine Situation auf Basis von Reflexionsfragen. Dabei dokumentierst Du Deine Erkenntnisse etwa wie folgt:
Du kommst zu dem Schluss, dass Dir der Consulting Methodenkoffer mit seinen Techniken, Vorlagen und Tipps weiterhelfen würde.
Vor- & Nachteile
Pro
- Die Problembeschreibung ist eine einfache, flexible und direkt anzuwendende Methode. Binnen kurzer Zeit generierst Du mit ihr standardisierte Definitionen für akute Herausforderungen.
- Die Technik eignet sich prima für die Anwendung in Kreativsitzungen. Binnen weniger Minuten erklärt, prägt das Team und Du rasch ein gemeinsames Bild auf die Problem der Akteure aus.
- Die Problembeschreibung betrachtet eine Herausforderung aus Kundensicht. Die Technik zwingt zum Hineinversetzen in die Zielgruppe und dem Explizieren von personenbezogenen Problemen.
Contra
- Die Technik betrachtet ausschließlich aufgetretene Probleme. Innovation und Weiterentwicklung von bereits reibungsfrei laufenden Dingen werden von ihr nicht berücksichtigt.
- Die Zuordnung von Ursachen zu Problem bzw. die Reflexion der Problembeschreibung basiert auf einer subjektiven Einschätzung der Teilnehmer.
- Im Zentrum der Technik stehen die strukturierte Analyse sowie die Dokumentation. Das Werkzeug unterstützt weder beim Finden von Ursachen noch beim Nachverfolgen von Maßnahmen.
Praxistipps
Tipp 1 – Die echten Problemursachen analysieren
Stelle sicher, dass Du nicht nur die vordergründigen Symptome der Probleme, sondern deren wahren Ursachen betrachtest. Methoden wie die Five-Why Fragetechnik, das Ishikawa Diagramm, die 6-W Fragetechnik oder das Beziehungsdiagramm unterstützen Dich den tatsächlichen Problemherd aufzuspüren.
Tipp 2 – Im Vorfeld die Akteure erkunden
Je besser Du einen Akteur kennst, desto einfacher lassen sich dessen Probleme beschreiben. Einige methodische Anregungen:
- Ein Desk Research schafft ein grundlegendes Verständnis zu einem Akteur und lässt sich rasch vom Schreibtisch aus durchführen.
- Methoden wie die Empathy Map oder das Persona-Konzept helfen Dir Zielgruppen qualitativ besser zu verstehen.
- Befragungen, Interviews und Observationen von Akteuren generieren wertvolle Hintergrundinformationen.
Tipp 3 – Probleme in Mini-Teams parallel beschreiben
Sobald Dein Problembeschreibungs-Workshop mehr als vier Personen umfasst, wird es für einen einzelnen Teilnehmer schwierig sich einzubringen. Überlege daher das Team in kleine Arbeitsgruppen zu unterteilen und die Beschreibung parallel anfertigen zu lassen.
Unterteile entlang der Akteure, Situationen oder Zeitpunkten. Nach einer Kleingruppenphase besprecht ihr die Ergebnisse im gesamten Team.
Tipp 4 – Wiederkehrende Probleme zuerst angehen
Konzentriere Dich auf die Probleme, denen viele Akteure häufig ausgesetzt sind. Betrachte dazu die Menge Deiner Problembeschreibungen übergreifend und stelle folgende Fragen:
- Gibt es ein wiederkehrendes Muster von Problemen, mit denen sich mehrere Akteure herumschlagen?
- Wird ein Akteur in verschiedenen Situationen mit einem identischen Problem konfrontiert?
- Handelt es sich um ein Problem, dass zu bestimmten Zeitpunkten immer wieder auftritt?
Es lohnt die wiederkehrende Probleme den Vorrang zu geben.
Tipp 5 – Problem mit W-Fragen definieren
Eine alternative Variante ein Problem zu definieren ist mit Hilfe der 6-W Fragetechnik. Bist Du mit einem Problem konfrontiert stellst Du Dir nacheinander sechs Fragen:
- „Warum ist das ein Problem?“ – negative Folgen des Problems
- „Wer ist vom Problem betroffen?“ – affektierte Personen oder Gruppen wie z.B. Kunden, Mitarbeiter, Partner oder Familie
- „Was ist das Problem?“ – Einordnung wie z.B. Kosten, Umsatz, Zeit, Zugriff, Service oder Produktqualität, Gesundheit, Risiko oder Sicherheit)?
- „Wann trat das Problem das erste Mal auf?“ – Startzeitpunkt bzw. Häufigkeit
- „Wo tritt das Problem auf?“ – Verortung wie z.B. Kunden, Produkten, Standorten, Geschäftseinheiten
- „Wie äußert sich das Problem?“ – Symptome und Zeichen für das Problem
Nicht immer treffen alle sechs Fragen für ein Problem zu bzw. passen andere W-Fragen (z.B. Wie viel…, Womit…, Wonach…) besser.
Tipp 6 – Problem mit PoV Aussage definieren
Eine noch kürzere Fassung ein Problem zu definieren ist mittels dem Point of View (PoV) Statement. Dieses zerlegt eine Herausforderung in drei Teile: „Als… möchte ich…, da ich…„.
- Akteur („Als…„) – Person mit dem Problem
- Bedarf („…möchte ich…“) – funktionaler oder emotionaler Bedarf
- Erkenntnis („…da ich…„) – Gefühle, Gedanken, Ziele, Aufgaben und Meinungen
Das PoV-Format gleicht dem Aufbau einer User Story. Einschränkung, ihre Ursache und Konsequenzen werden außen vorgelassen. Nutze die Kurzformulierung daher als Vorstufe zur detaillierten Problembeschreibung.
Ursprung
Die Problembeschreibung ist Bestandteil des Facebook Think Kits. Ob das US-Unternehmen auch die Methode erfunden hat, ist mir nicht bekannt.
Bonusmaterial
RPM Academy: Writing Effective Problem Statement (3 min) – 7-W Fragen für die Definition eines Problems
- Michael Jastram: Das Problem mit Problembeschreibungen – mit Beispielen gespickter Appell zunächst das Problem genauer zu definieren, bevor die Lösung angegangen wird
„Das Problem zu erkennen, ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen,
denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.“
– Albert Einstein, deutscher Physiker
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