Die Gap Analyse – die Lücke zwischen Ist & Ziel schließen
Als Projektleiter, Strategieverantwortlicher oder Analyst bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:
- Wie groß ist der vom Projekt zu schließende Änderungsbedarf?
- Worin besteht die Lücke zwischen heutigem und zukünftigen Geschäft?
- Welcher Unterschied existiert von Ist- zu Ziel-Zustand?
Unterstützung findest Du in der Gap Analyse und der dazugehörigen Dokumentation der Lücke zwischen Status Quo und Soll auf Basis eines Gap Analyseberichts.
Ergebnis: Differenz zwischen Ist- und Ziel-Stand einer Sache ermittelt und visualisiert
Teilnehmer: mind. 1 Person
Dauer: ab 15 Minuten (je Umfang und Komplexität des Sachverhalts)
Utensilien: Flipchart/Whiteboard/Metaplan-Wand, Stifte & Moderationskarten oder Notebook & Office Software
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Zweck
Mit der Gap Analyse deckst Du systematisch die Lücke zwischen dem momentanen (oft schlechteren) Ist-Stand und dem zukünftigen (oft besseren) Ziel-Stand eines Sachverhalts auf und leitest Maßnahmen ab.
Nutze die Consulting Methode für die Differenzbetrachtung der Bereiche…
- Unternehmen (z.B. Umsatz, Gewinn, Verkaufszahlen)
- Organisation (z.B. Personalstärke, Fähigkeiten, Kompetenzniveau)
- Prozesse (z.B. Aktivitäten, Durchlaufzeit, Produktivität)
- Wertangebot (z.B. Produktqualität, Kundenerwartungen, Servicegüte)
- Technologie (z.B. IT-Systeme, Hardware, Endgeräte)
Im engeren Sinne kommt die Gap Analyse bei der betriebswirtschaftlichen Geschäftsoptimierung zum Einsatz. Im Zentrum stehen Kriterien wie Gewinn, Umsatz oder Kosten einer Organisation.
Im weiteren Sinn ist die Lückenanalyse ein Standardwerkzeug in der Beratung von Unternehmen. Jedes (Consulting) Projekt schließt eine mehr oder weniger große, bedeutende bzw. offensichtliche Lücke in der Kundenorganisation zwischen dem Ist- und dem Ziel-Zustand.
Synonyme für die deutsch-englische Wortkombination Gap Analyse sind Lückenanalyse, Abstandsanalyse Ist-Soll-Analyse, Gap Analysis, Fit Gap Analysis oder alternative Schreibweisen mit Bindestrich.
Aufbau
Gap Analysebericht – „Wo sollten wir uns wie verbessern?“
Herzstück Deiner Lückenbetrachtung ist der Gap Analysebericht (auch Lückenbericht), eine Tabelle mit den vier Spalten Ist-Stand, Ziel-Stand, Lücke und Maßnahme.
Jede Zeile steht für ein sachverhaltspezifisches Lückenkriterium (auch Betrachtungskriterium, Lückenmerkmal, Lückendimension oder Gap Criteria), wie zum Beispiel Umsatz, Durchsatz oder Ausfallzeit. Diese Vergleichskriterien sollten messbar sein und von den beteiligten Stakeholdern identisch interpretiert werden.
Die Abbildung zeigt den möglichen Aufbau eines Gap Analyseberichts. Auf den Karten sind Vorschläge notiert, mit denen Du die Werte erfassen, darstellen bzw. umsetzen kannst.
Ist-Stand – „Wo stehen wir?“
Status Quo bzw. Ausgangssituation eines Sachverhalts, festgehalten in der ersten Spalte. In der Regel ist dieser verbesserungswürdig, negativ, problembehaftet, defizitär, nachteilig, veraltet, riskant bzw. ausbaufähig und besteht zum Durchführungszeitpunkt der Analyse.
Ermittle den Ist-Stand mit Hilfe von Datenerfassungsmethoden wie…
- Desk Research (z.B. Systembeschreibungen, Datenexporte) oder
- Befragung, Interviews und Workshops (z.B. mit Mitarbeitern, Kunden, Führungskräften)
- Observationen und Abfragen (z.B. bestehende Verfahrensabläufe)
kombiniert mit Analysetechniken wie…
Nutze für die Ist-Beschreibung eine sachliche und spezifische Sprache. Quantifiziere, wann immer möglich. Ergänze Deine Texte mit Abbildung, beispielsweise von Geschäftsprozessen, IT-Systemen oder Wertschöpfung.
Ziel-Stand – „Wohin wollen wir?“
Sollzustand bzw. Zielvorstellung eines Sachverhalts, illustriert in Spalte 2. In der Regel ist dieser erstrebenswert, positiv, vorteilhaft, geschäftsförderlich, risikomindernd bzw. gewinnsteigernd und soll zukünftig eintreten.
Ermittle den Ziel-Stand mit Hilfe von Datenerfassungsmethoden wie…
- Desk Research (z.B. Referenzmodelle, Standards und Best Practices)
- Befragung, Interviews und Workshops (z.B. mit Mitarbeitern, Partnern, Kunden)
- Observation und Abfragen (z.B. bestehende Verfahrensabläufe)
kombiniert mit Analysetechniken wie
Formuliere die Ziel-Beschreibung ebenfalls konkret und quantifizierbar. Gerne kannst Du die textuellen Ausführungen durch Abbildungen von Prozessen, Systemen, Wertschöpfung etc. flankieren.
Gap – „Wie groß ist der Unterschied zwischen Ist- und Ziel?“
Lücke, Differenz, Defizit, Fehlstand, Mangel, Unzulänglichkeit, Abweichung, Verbesserungspotential bzw. Abstand zwischen Ist- und Ziel-Stand, fixiert in der dritten Spalte.
Unterscheide zwischen…
- positive Lücke: Ist-Stand besser als Ziel-Stand
- negative Lücke: Ist-Stand schlechter als Ziel-Stand
sowie…
- operative Lücke: kurz- bis mittelfristig durch einfache und meist kostengünstige Maßnahmen schließbar
- strategische Lücke: mittel- bis langfristig durch umfassende und investitionsintensive Maßnahmen schließbar
Visualisiere eine Lücke neben dem Gap Analysebericht zusätzlich durch…
- Qualitative (z.B. Fakten) Test- und quantitative Zahlenangaben (z.B. Prozentwerte, Skalenwerte)
- Datentabellen und -listen sowie Gegenüberstellungen
- Gap Diagramme wie Balken- oder Tortendiagramme
- Heatmaps (z.B. kleine Lücken in hellrot, große Lücken dunkelrot)
- Radar-Charts und Spinnendiagramme
Für eine Gap Analyse müssen Ist- und Ziel-Stand miteinander vergleichbar sein. Basis sind die Lückenkriterien. Besteht keine Lücke, so liegt eine Passung (auch englisch ‚Fit‘) zwischen heutigem und zukünftigen Zustand vor.
Gerne kannst Du eine Lücke gemäß ihrem Kriterium benennen, beispielsweise Personallücke, Leistungslücke, Technologielücke, Lizenzlücke oder Kostenlücke.
Maßnahme – „Wie können wir die Lücke schließen?“
Lösung, Vorgehen, Aktionsschritte bzw. Verfahren um die Lücke zwischen dem aktuellen und dem zukünftigen Zustand einmalig bzw. dauerhaft zu schließen.
Ermittle eine Maßnahme durch Betrachtung von Ursachen und Wirkung der Lücke. Zur Hilfe kommen Dir Analyse-, Kreativ- und Bewertungsmethoden wie…
- Five-Why Fragetechnik zur strukturierten Ermittlung der Gründe für eine Abweichung
- Ishikawa Diagramm das die Quellen einer Lücke visuell verdeutlicht
- Analogietechnik die Maßnahmen aus vergleichbaren Lücken erarbeitet
- SWOT Analyse zur Beurteilung einer Maßnahme
Maßnahmen können…
- menschliche Verhaltensweisen,
- betriebliche Prozesse,
- einfache Aufgaben,
- mehrwöchige Projekte oder
- monatelange Projektprogramme
umfassen. Eine einzelne Maßnahme adressiert mindestens ein Lückenkriterium. Auch kann ein einzelnes Kriterium von mehreren Maßnahmen reduziert bzw. geschlossen werden.
Anwendung
Eine Gap Analyse führst Du allein oder im Team durch. Da die in Beratungsprojekten adressierten Lücken meist verschiedene Bereiche und Stakeholder umfassen und oft nur von mehreren Personen gemeinsam dauerhaft geschlossen werden können, empfiehlt sich die Anwendung im Team-Workshops. Geht dazu wie folgt vor:
1. Sitzung vorbereiten
Wähle Teilnehmer aus, die einen unterschiedlichen Blickwinkel auf den Sachverhalt und seine Kriterien haben. Fixiert den Betrachtungsbereich und relevante Kriterien.
Gebe zudem Antworten auf die beiden Fragen:
- Weshalb ist es wichtig die Lücke zwischen Ist- und Ziel eindeutig zu erfassen?
- Weshalb wurde diese Lücke bisher noch nicht fixiert?
Lege auch fest, wer im Zweifel entscheidet, ob ein Kriterium innerhalb oder außerhalb des Scopes der Sache ist.
2. Ist-Stand erfassen
Ermittelt und dokumentiert den Status Quo des Sachverhalts. Geht dazu Kriterium für Kriterium durch. Quantifiziert und visualisiert, wann immer möglich.
3. Ziel-Stand definieren
Definiert nun den Wunschzustand des Sachverhalts, erneut auf Basis der (möglichst messbaren) Kriterien und einprägsamer Darstellungen.
4. Gap ableiten
Ermittelt die (messbare) Lücke zwischen Ist- und Ziel. Notiert die Ergebnisse im Gap Analysebericht.
5. Maßnahmen beschließen
Erarbeitet Vorschläge durch welche Maßnahmen die identifizierte Lücke geschlossen werden können. Untersucht dazu Ursachen und Auswirkungen. Hinterlegt dafür für jedes Kriterium mindestens einen Folgeschritt. Fixiert neben der Priorität zudem (Projekt- bzw. Betriebs-)Verantwortlichkeiten und Fristen, beispielsweise in einer Aufgabenliste oder einem Kanban Board.
Eine Gap Analyse ist kein streng sequentielles Vorgehen. Springe zwischen Ist-, Ziel- und Lückenphase hin und her und ergänze iterativ den Lückenbericht.
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Beispiele
Lückenanalyse als Teil des Beratungsangebots
Während der Bedarfsanalyse mit einem Neukunden ermittle ich Ist-Stand sowie Ziel-Stand und leite daraus die durch das Beratungsmandat zu schließende Lücke ab.
Die visuelle Gegenüberstellung von Ausgangssituation und Zielvorstellung hat sich in meinen Beratungsangeboten als wirkungsvoll erwiesen. Beachte, dass ich Ist und Ziel nicht entlang von Lückenkriterien vergleiche bzw. ebenfalls keine Maßnahmen zur Lückenschließung aufzeige.
Lückenanalyse für das Backprojekt
Du möchtest einen Kuchen backen und nutzt dafür ein Rezept. Dieses listet die notwendige Zutaten (Ziel-Stand) auf. Du ermittelst den Ist-Stand vorhandener Zutaten durch Inspektion Deiner Vorratskammer und Deines Kühlschrankes. Die Lücke – fehlende Zutaten – schließt Du durch einen Einkauf.
Vor- & Nachteile
Pro
- Die Gap Analyse zwingt Dich den Ist-Stand zu erfassen und Zielvorstellungen zu definieren sowie beide (quantitativ) zu konkretisieren. Auch zeigt die Methode, welche Maßnahmen erforderlich sind um aufgedeckte Lücken zu schließen.
- Die Methode ist rasch kommunizier- und durchführbar und lässt sich flexibel für die verschiedensten Sachverhalte heranziehen und einfach aktuell halten.
- Als Ergebnis vereinfacht und beschleunigt der Gap Analysebericht inhaltliche Diskussionen, speziell bei einem heterogenen Stakeholderfeld und einem breiten Sachverhalt.
- Ob Unternehmensstrategie oder Prozessverbesserung – die Lückenanalyse ist dank der frei wählbaren Betrachtungshöhe vielfältig einsetzbar.
Contra
- Die Gap Analyse berücksichtigt nur Kriterien von Ist und Ziel von denen Du und Dein Team zum Anwendungszeitpunkt wissen. Neue unbekannte Aspekte des Sachverhalts ignoriert die Methode.
- Bei vielschichtigen, umfassenden und langwierigen Sachverhalten erfordert die Analysetechnik ein hohes Maß an Abstraktion, da der Analyseaufwandaufwand sonst unangemessen hoch ausfallen würde. Mit dem Abstrahieren geht jedoch immer (wesentliches) Detailwissen verloren.
- Die Analysetechnik steht und fällt mit qualitativ hochwertige Daten über Ist- und Ziel-Stand. Oft müssen diese Fakten erst zeit- und ressourcenaufwendig erhoben bzw. generiert sowie anschließend visualisiert, kommuniziert und abgestimmt werden. Mess- und Datenqualitätsprobleme adressiert die Methode nicht.
- Eine Gap Analyse ist ungeeignet für schwer bzw. nicht quantifizierbare Kriterien eines Sachverhalts. Auch bei einem sich rasch wandelnden Umfeld ist die Methode ungeeignet, da identifizierte Lücken und Maßnahmen veralten.
Praxistipps
Tipp 1 – Einfache Vergleichskriterien heranziehen
Verwende beim Vergleich von Ist- und Ziel-Stand verständliche, einprägsame und verbreitete Lückenkriterien. Ein ausuferndes Microsoft Excel Arbeitsblatt mit einer Vielzahl von Lücken und Vergleichslogiken kostet nicht nur im Aufbau, sondern auch in der Erklärung, Abstimmung und Pflege.
Bitte die Stakeholder um ihre relevantesten Kriterien. Was liegt ihnen beim Sachverhalt am Herzen? Was ist ist ihnen persönlich wichtig? Wirklich wichtig?
Tipp 2 – Analysetechnik wiederkehrend durchführen
Allzu oft ändern sich ein Sachverhalt über die Zeit. Es entstehen neue Erkenntnisse, die dafür sorgen das zusätzliche Lückenkriterien betrachtet werden sollten oder vorhandene Kriterien anders zu bewerten sind. Auch werden Entscheidungen getroffen, die ursprünglich wichtige Kriterien obsolet werden lassen.
Lege daher den Lückenanalysebericht nicht zu weit weg. Führe bei Bedarf eine erneute Zerlegung auf Grundlage des letzten gültigen Standes durch.
Tipp 3 – Analyse mit dem Ist-Stand starten
Ist- oder Ziel-Stand – mit was solltest Du eine Gap Analyse starten?
Beginne mit der Erfassung des Ist-Stands. Dieser liegt vor und muss lediglich ermittelt und transparent gemacht werden. Eine (langwierige) Abstimmung über (abweichende) Zielvorstellungen entfällt. Rasch erhältst Du ein nutzbares Ergebnis sowie wertvolle Erfahrungen für die Definition und Vereinbarung des Ziel-Zustandes. Auch besteht Einigkeit über die Begriffe und Lückenkriterien.
Tipp 4 – Einfache Visualisierungen nutzen
Verwende zur Darstellung von Ist, Ziel und Lücke zugängliche und verständliche Darstellungstypen.
- Leser sollten nicht den Kopf drehen müssen, um eine Lücke zu erfassen.
- Bei einem Koordinatensystem reflektiert die Abszisse die Zeit und die Ordinate das Vergleichskriterium.
- Skalen mit Farbcodes helfen Ist- und Ziel-Stand sowie Unterschiede rasch zu erkennen.
Ursprung
Der genaue Ursprung der Methode ist mir nicht bekannt. Vermutlich wurde die Gap Analyse im Laufe der Zeit in verschiedenen Disziplinen wie Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklung sowie Marktforschung parallel entwickelt.
Bonusmaterial
MariusEbert: Gap-Analyse (2 min) – Anwendung der Lückenanalyse für die Umsatzentwicklung
EPM: How to Do a Gap Analysis (11 min) – Vorgehen und Beispiel für eine Lückenanalyse
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