Als ProjektleiterProgrammmanager oder Auftraggeber bzw. deren Berater bist Du mit folgenden Fragen konfrontiert:

  • Wie lassen sich Abweichungen vom ursprünglichen Projektterminplan strukturiert erfassen und nachverfolgen?
  • Auf welche Weise reduzieren wir ungewollte bzw. implizite Anpassungen in den Zielen, im Scope sowie in den Ergebnissen unseres gestarteten Vorhabens?
  • Nach welchem Entscheidungsverfahren begegnen wir vorgebrachte Änderungen in unserer laufenden Initiative?

Unterstützung findest Du im Änderungsantrag und dem Verfahren des Änderungsmanagements.


Ergebnis: Änderungswunsch dokumentiert und entschieden

Teilnehmer: mind. 2 Personen (Antragsteller, Entscheider)

Dauer: ab 30 Minuten (je Art und Umfang des Änderungswunsches)

Utensilien: Notebook & Office Software oder spezielle Anforderungsmanagement bzw. Änderungssoftware

Zweck

Ein Änderungsantrag hilft Dir die in einem Projekt aufkommenden Abweichungen vom Plan strukturiert zu erfassen, zu bewerten und freizugeben. Das Dokument systematisiert Anpassungen in Inhalt, Scope und Organisation eines Vorhabens.

Immer wieder kommt es in laufenden Initiativen zu Änderungen. Diese Differenzen zum ursprünglichen Plan sind normal und implizieren nicht automatisch, dass das Vorhaben falsch oder schlecht geplant wurde. Zum Projekt-Kick-Off sind oft nicht alle Fakten bekannt, ist jede projektintern und -externe Entwicklung vorhersehbar, sind alle Risiken, Annahmen, Probleme und Abhängigkeiten offensichtlich.

Ein Änderungsantrag hilft Dir mit dieser Unsicherheit und Unschärfe zurechtzukommen. Das definierte Formular samt dem systematischen Änderungsprozess unterstützt das Projektteam und Dich die Anpassungsbedarfe im Projekt systematisch aufzunehmen, auszuwerten und umzusetzen.

Das schafft Klarheit darüber, was bis wann durch wen wie erledigt werden soll. Auch nach dem Projekt ist allen Stakeholdern transparent, weshalb, wie und womit eine Änderung realisiert wurde.

Synonyme für einen Änderungsantrag (abgekürzt ‚ÄA‘) sind Änderungsanforderung bzw. Projektänderung oder auch Englisch Change Request (CR), Request for Change (RfC), Change Notice (CN) oder Action Request (AR).


Aufbau


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Änderung  (engl. Change) – „Welche Abweichung zum Plan bestehen?“

Eine Änderung ist jede Form von Abweichungen von der ursprünglichen Planung bzw. Spezifikation. Gerade in langlaufenden geographisch verteilten Projekten, mit zahlreichen Stakeholdern, etlichen Ergebnistypen und einer Vielzahl von Schnittstellen, sind Änderungen fast schon ein Naturgesetz.

Änderungsantrag (engl. Change Request) – „Wie lässt sich eine Änderung beschreiben?“

Ein Änderungsantrag erfasst offene Anpassungsbedarfe und klassifiziert sie. Der Antrag ist ein standardisiertes Formular, welches den Änderungswunsch beschreibt. Dokumentierte Änderungen können so zu einem späteren Zeitpunkt im Projekt nachvollzogen werden.

Ein Änderungsantrag zwingt den Initiator sich systematisch mit der Anpassung auseinanderzusetzen, die Ursache, Auswirkungen und Risiken strukturiert zu bestimmen.

Auch sorgt ein Änderungsantrag für Gewaltenteilung. Eine Person, die eine Änderung vorschlägt, kann diese nicht automatisch entscheiden bzw. muss diese auch immer umsetzen.

Je nach Unternehmen, Bereich und Projekt unterscheiden sich der Aufbau und die Inhalte eines Änderungsantrages. Nachfolgend beispielhaft eine typische Struktur für einen Änderungsantrag.

Änderungsantrag
Struktur und Elemente eines typischen Änderungsantrag

Meta-Informationen („Wie ist der Antrag einzuordnen?“)

Kopfdaten wie Projektname und -nummer, Datum der Erstellung, Name und Abteilung des Antragstellers, eine laufende Antragsnummer sowie das betroffene Arbeitspaket.

Beschreibung („Was soll geändert werden?“)

Details zur Änderung zum Beispiel die Ergebnistypen, der Zeitplan, das Vorgehensmodell, die Kosten, der Scope oder die Teamzusammensetzung.

Ursachen („Warum soll etwas geändert werden?“)

Die Begründungen für den Änderungsantrag, wie die Entdeckung eines Programmierfehlers, neue Stakeholder, Lücken in der Vorarbeit oder das Eintreten eines Risikos.

Nutze beispielsweise ein Ishikawa Diagramm oder die Five-Why-Fragetechnik, um Systematisch die Gründe aufzuspüren. Beleuchte ebenfalls die Folgen, wenn nichts passiert, der Änderungsantrag also nicht genehmigt wird.

Risiken („Was könnte bei der Änderung schiefgehen?“)

Neue Risiken, welche erst durch die Änderung entstehen, bzw. existierende Risiken, die durch die Änderung vergrößert, abgeschwächt oder vollständig eliminiert werden.

Am besten ergänzt Du dieses Feld auf Basis einer Risikoanalyse bzw. einem bestehenden RAID Log.

Auswirkungen („Was passiert, falls die Änderung realisiert wird?“)

Details zu Konsequenz(en) der Änderung auf die Ergebnisse, die Qualität, die Zeit und das Budget des Projektes. Arbeite hier mit konkreten Zahlen, statt abstrakter Sätze.

Je präziser Du den zusätzlichen Zeitbedarf, die gestiegenen Kosten, den vergrößerten Ergebnisumfang und den damit verbundenen Nutzen quantifizieren kannst, desto besser.

Beachte ebenfalls den Kontext, daher Parallelprojekte, Nachbarbereiche, Lieferanten und andere Schnittstellen.

Kommunikation („Wer muss wie informiert werden?“)

Alle von der Änderung betroffenen und damit anzupassenden Dokumente (Projektplan, Projektsteckbrief, Projektbericht, Business Case etc.). Ebenfalls alle zu informierenden Personen innerhalb und außerhalb des Projektes (Sponsor, Anwender etc.).

Nutze für Ersteres beispielsweise eine Dokumentenliste oder eine Stakeholder Map, für Zweiteres das Onion Model oder einen Kommunikationsplan.

Genehmigung („Wurde der Antrag bewilligt?“)

Datum und Unterschrift des Antragstellers sowie Hintergründe und Motive zur Genehmigung oder Ablehnung des Antrages durch den Entscheider (z.B. Projektleitung, Projektsteuerkreis, Change Control Board).

Weitere Felder („Was ist sonst noch wichtig?“)

Zusätzliche kannst Du Informationen wie Datum der Anweisung, Datum der Erledigung, Frist, Maßnahmen und Zuständigkeiten der Umsetzung, Priorität (z.B. erforderlich oder optional), Nutzen der Änderung, Umsetzungspräferenz, Fortschrittsmessung, Art des Antrages (z.B. Prozess, Software, Fehler), zusätzliche Bemerkungen sowie Status des Antrages auf dem Formular unterbringen.


Anwendung

Ein Änderungsantrag löst einen kontrollierten Änderungsprozess (engl. Change Management Process) aus. Dieser Ablauf unterliegt der Verantwortung der Projektleitung.

Nachfolgend die wichtigsten Schritte. Erkundige Dich beim Auftraggeber, ob ein formaler Genehmigungsprozess bzw. eine spezielle Änderungssoftware für den Umgang mit Änderungen existiert.

Änderungsantrag
Ablauf eines Änderungsantrags (engl. Change Management Process)

1. Änderungsantrag erstellen

Du hast eine nennenswerte Abweichung vom Plan identifiziert. Halte die Ursachen, Art und Folgen in einem Änderungsantrag fest und stimme diesen mit den involvierten Personen ab. Falls ihr eine Änderungsliste (auch Änderungspool oder Change Request Log) nutzt, lege den Antrag an dieser (virtuellen) Stelle zentral ab.

Als Änderungsinitiator bist Du verantwortlich, dass der Änderungsantrag vollständig ist, richtig übergeben wird und eine Bearbeitung erfolgt.

2. Änderungsauswirkungen bewerten

Zu regelmäßigen Terminen bewertet ein Entscheidungsgremium (z.B. Lenkungsausschuss, Change Advisory Board, Change Control Board) den Änderungsantrag.

Bei einem bestehenden Vertragsverhältnissen zwischen Auftraggeber (Kunde) und Auftragnehmer (Berater) müssen beide Partien eine Änderung beschließen.

Möglicherweise reicht dem Gremium die Beschreibung der Änderung nicht und es wird Dich als Initiator um weitere Details bitten.

3. Änderung entscheiden

Im Anschluss an die Beratung und Bewertung des Änderungsantrages entscheidet das Gremium.

  • Im Falle einer Genehmigung wird definiert, wer für Änderungsaufgaben verantwortlich ist und bis wann diese abgearbeitet werden müssen.
  • Im Falle einer bedingten Ablehnung, muss der Änderungsantrag durch den Initiator überarbeitet und neu bewertet werden.
  • Im Falle einer endgültigen Ablehnung wird der Änderungsantrag archiviert.

Nicht zwangsläufig ist bist Du als Initiator einer Änderung auch der Umsetzungsverantwortliche. Wird die Änderung im Rahmen eines Beratungsmandats entschieden, wird sie zum Vertragsbestandteil.

4. Änderung durchführen

Du bzw. der verantwortliche Kollege setzt ausschließlich genehmigte Änderungen um. Aktualisiert auch die erforderlichen Dokumente und setzt die betroffenen Personen in Kenntnis. Prüft nach Realisierung die Wirksamkeit der Änderung.


Beispiele

Änderungen in Beratungsprojekten

Änderungen gehören im Consulting zum Projektalltag. Drei Praxisbeispiele:

  • Die Serie von Interviews verschiebt sich terminlich um 3 Wochen nach hinten, da die Wissensträger kurzfristig nicht verfügbar sind.
  • Im Rahmen einer Prozessuntersuchung mittels SIPOC Diagrammen stößt das Team auf eine bisher unbekannte Excel-Tool-Lösung. Dieses muss zunächst untersucht werden.
  • Obwohl die Merkmale des neuen Produktes in Workshops definiert und vereinbart wurden, äußert der Kunde nachträglich zusätzliche Anforderungen.

Änderungsantrag im Requirements Engineering

Regelmäßig begleite ich Requirements Engineering Projekte in denen es darum geht, Anforderungen an ein Software System zu erheben, zu dokumentieren, abzustimmen und nachzuhalten. Der Umfang eines Engagements richtet sich nach Zahl der Anforderungsquellen, also Stakeholder, Dokumente und Systeme.

Nachfolgen ein Änderungsantrag für den Fall, dass im Projektverlauf weitere Anforderungsquellen hinzugekommen sind. Der Scope ändert sich, damit auch Zeitbedarf, Ergebnisse sowie Budget.

Änderungsantrag
Beispiel für einen Änderungsantrag in einem Requirements Engineering Projekt

Vor- & Nachteile

Pro

  • Ein Änderungsantrag sorgt für Transparenz. Jedem ist klar von wem welche Anpassung vorgeschlagen, entschieden und umgesetzt wurde.
  • Das Formular nebst Prozess führen zu besseren Änderungen, da sich die Beteiligten mit den verschiedenen Aspekten eines Anpassungswunsches auseinandersetzen müssen.

Contra

  • Änderungen zu dokumentieren, zu beraten und zu beschließen kann zur administrativen Bremse ausarten, speziell wenn viele Details festgehalten, das Entscheidungsgremium groß ist und sich das Projekt in einem volatilen Umfeld bewegt.
  • In agilen Projekten in denen Ergebnisse und Aufgaben regelmäßig neu priorisiert werden, sinkt der Stellenwert eines Änderungsantrages bzw. wird das Papier überhaupt nicht mehr gebraucht.

Praxistipps

Tipp 1 – Antrag kurz & knackig formulieren

Formuliere einen Änderungsantrag knapp und präzise, am besten auf Basis von Spiegelstrichen in denen Du wichtige Passagen unterstreichst.

Kein Entscheidungsgremium möchte sich erst durch langen und umständlich verfassten Text arbeiten, bevor sie den Kern einer Änderung verstanden hat. Speziell, wenn etliche weitere Anträge vorliegen.

Tipp 2 – Mit Änderungsklassen den Aufwand senken

Eine Änderung zu dokumentieren, abzustimmen und zu entscheiden generiert Mehraufwand. Halte den Prozess schlank, indem Du Änderungsklassen ins Spiel bringst. Erfüllt eine Änderung bestimmte Anforderungen bzgl. Zeit, Budget, Ergebnisse oder Qualität, muss sie nicht genehmigt werden.

Beispiel: Ist absehbar, dass eine Änderung Zusatzkosten von unter 3.000 Euro verursacht, wird diese ausschließlich dokumentiert.

Tipp 3 – Antennen für Änderungen entwickeln

Änderungen gehören in Projekten zur Tagesordnung und bedeuten für Dich als Unternehmensberater fast immer Mehraufwand. Präge ein Gespür aus, wann es sich um eine nennenswerte Änderung handelt, die mit einen Change Request bedacht werden sollte.

  • Der Projektstart verzögert sich um mehrere Wochen >> Änderungsantrag
  • Der Kunde möchte täglich, statt wöchentlich einen Bericht >> Änderungsantrag
  • Die Unterlagen sollen auch in englischer Sprache vorliegen >> Änderungsantrag

Je besser Dein Beratungsangebot und Deine Auftragsklärung per Problem-Ziel-Beschreibung, desto leichter lassen sich Änderungen begründen und in einen Antrag überführen.

Tipp 4 – Anträge für Beratungsmandate nutzen

Der Kunde kalkuliert für ein Beratungsprojekt ein knappes Budget ein, da er einen höheren Einmalbetrag nicht beim Einkauf genehmigt bekommt?

Komme ihn mit einem spitz kalkulierten Beratungsangebot entgegen. Deine Offerte begrenzt sich auf die nötigsten Ergebnisse und stützt sich auf zahlreiche Annahmen und Beistellleistungen ab. Wachsen im Projekt die Bedarfe, kann der Kunde über einen Änderungsantrag zusätzliche Leistung abrufen.

Tipp 5 – Änderungen mit einem Status versehen

Bei einer hohen Zahl von Änderungen die von unterschiedlichen Stakeholdern eingebracht, bewertet und umgesetzt werden, ist es sinnvoll, Änderungsanträge mit einem Status zu versehen. Der Status sorgt für ein einheitliches Verständnis sowie eine strukturierte Abarbeitung.

Mögliche Zustände eines Änderungsantrages sind:

  • eingereicht – der Antrag ist erfassen
  • offen – der Antrag ist vollständig und entscheidbar
  • akzeptiert – die Änderung ist akzeptiert
  • abgelehnt – die Änderung ist abgelehnt
  • verschoben – der Antrag ist verschoben
  • in Umsetzung – die Änderung wird umgesetzt
  • umgesetzt – die Änderung wurde umgesetzt
  • geschlossen – der Antrag ist geschlossen

Visualisiere die verschiedenen Status eines Änderungsantrages bei Bedarf mit einem Zustandsdiagramm. Aus diesem sind die Zustandsübergänge sofort ersichtlich.

Tipp 6 – Change Control Board aufsetzen

Bei einer hohen Zahl von Änderungen ist es sinnvoll die Projektleitung durch ein formales Change Control Board (CCB) zu entlasten. Dieses Änderungssteuerungsgremium

  • bewertet, akzeptiert und verweigert Änderungsanträge,
  • kommuniziert Entscheidungen und Auswirkungen und
  • prüft die Umsetzung von beschlossenen Änderungen.

Definiere und vereinbare im Vorfeld die Teilnehmer (z.B. Projektleiter, Auftraggeber, Business Analyst, Kunde) und den Entscheidungsprozess des CBCs.


Ursprung

Der Ursprung der Methode ist mir nicht bekannt. Gerne Deine Hinweise per E-Mail an mich.


Bonusmaterial

Project Management Videos: How to Control Change Requests on a Project (4 min) – im englischsprachigen Clip erhältst Du noch einmal alle wesentlichen Infos zum Konzept


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